Was für ein schöner Lesemonat! Ich habe gleich drei neue Highlights gefunden, einen alten Liebling noch einmal gelesen und endlich mal wieder etwas von der Bestsellerliste gelesen. Ein dickes Buch habe ich weit gelesen, mich aber echt durchquält und es dann abgebrochen. Über diese Bücher schreibe ich sonst nicht, aber da es ein Presseexemplar war, sage ich hier doch mal meine Meinung. Trotzdem: So vielfältig, hat Spaß gemacht.
Butter – Asako Yuzuki
Mmmmmh, Butter. Das hier ist ein Buch über Genuss. Vom einfachen Butterreis über heiße Ramen um 3 Uhr morgens bis zum gebratenen Truthahn-Fest mit Freunden und Familie. Vielmehr noch ist es eine Geschichte, in der Genuss die zentrale Rolle einnimmt, über den Menschen zu sich selbst finden. Rika ist Reporterin in Tokio und hat eine Interviewserie mit der möglichen Serienmörderin Manako geplant. Manako fasziniert das ganze Land, denn sie hatte nicht nur mehrere Liebhaber, obwohl sie – oh Schreck – ein bisschen dick ist, ihre Männer sind zudem alle gestorben. Während Rika nun mehr über Manako und ihre Geschichte lernt, entwickelt sie sich weiter, löst Beziehungen, schließt neue Freundschaften, hinterfragt das Frauen- und Männerbild speziell im konservativen Japan. von Gericht zu Gericht, von Genuss zu Genuss, den Manako ihr näher bringt. Das Buch steckt voller unterschiedlicher Figuren, die alle auf ihre Arten mit Erwartungen und Sinnlichkeiten kämpfen. Da steckt eigentlich genug drin für eine ganze Netflix-Serie. Würde ich sofort gucken, mochte ich sehr.
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Offene See – Benjamin Myers
Dies ist ein Sommerbuch. Hier hat man Zeit, hier gibt es nichts zu tun. Darin bricht Robert auf zu einer Reise durch England. Er ist gerade mit der Schule fertig, der zweite Weltkrieg endlich zu Ende und er will das Meer sehen. Sehnsucht zieht ihn in die Natur und so geht es auch erst mal viele Seiten um nichts anderes. Das war auch der Grund, warum das Buch bei mir zwei Anläufe brauchte. Im Winter war mir das alles zu langatmig. Wie gut, dass ich doch noch mal angefangen habe, denn so konnten Robert und ich Dulcie kennenlernen. Eine Frau, die allein in einem kleinen Haus wohnt, unverheiratet, atheistisch, unkonventionell, und mit den spannendsten Geschichten. Dulcie zeigt Robert eine für ihn völlig unbekannte Welt, und so bleibt er, leistet ihr Gesellschaft und kratzt an ihrer harten Schale. Auch wenn das hier nicht mein Lieblingsbuch geworden ist, mochte ich die Freundschaft der beiden so gerne, dass ich das Buch weiterempfehle. Die Story ist sehr klassisch und schreit nach Verfilmung, das wäre so ein typischer Oscar-Film. Genau das richtige für den Sommer oder die warmen Tage.
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The Violence – Delilah Dawson (abgebrochen)
{Presseexemplar} Normalerweise schreibe ich hier nicht über Bücher, die ich abbreche, außer ich finde sie aus irgendeinem Grund ganz, ganz schlimm und möchte die Menschheit warnen. Normalerweise breche ich Bücher auch selten ab, weil ich meinen Lesegeschmack mittlerweile ganz gut kenne und solche Bücher gar nicht erst beginne. Zu diesem Buch hier möchte ich aber trotzdem meinen Senf dazu geben, denn es war ein Presseexemplar. Bei 680 Seiten muss das Thema mich schon interessieren: Wir schauen auf eine scheinbar perfekte Familie, in der aber häusliche Gewalt alles im Griff hat. Dann bricht ein Virus aus (nach Covid geschrieben), durch das Menschen komplett durchdrehen und für kurze Zeit gewalttätig werden. Das verändert die Dynamik in der Familie. Ok, so weit, so interessant. Leider habe ich mich hier von Seite zu Seite gequält, da für mich a) alle Figuren so stereotyp und langweilig waren, dass ich keine einzige davon ernst nehmen konnte und b) mich der Schreibstil der Autorin so genervt hat. Da wird alles lang und breit auserzählt, anstatt mit der Handlung zu zeigen, was los ist. Da wird kein Klischee links liegen gelassen. Eigentlich interessant, dass die Autorin die Geschichte von häuslicher Gewalt über drei Generationen hinweg beleuchtet. Aber das war weder glaubwürdig, noch spannend. Nach der Hälfte habe ich also abgebrochen. Nicht schlimm, was nicht passt, passt nicht.
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Trauer ist das Ding mit Federn – Max Porter
Seit ich “Grief is the thing with feathers” in einer Nacht auf englisch gelesen habe, gehört Max Porter mein Herz. Was und wie er schreibt, ist dabei gar nicht so einfach zu erklären. In kurzen literarischen Abschnitten geht es hier um eine Familie, die die Mutter verloren hat. Vater und Söhne setzen sich mit ihrer Trauer auseinander, verkörpert von einer Krähe, die bei ihnen einzieht. Das ist alles sehr metaphorisch und lyrisch und trifft genau die Stellen in Kopf und Herz, die betroffen sind. Aber ohne Kitsch und Klischees. Ich wollte immer mal die Übersetzung lesen und habe mich jetzt endlich dran getraut. Auch wunderbar, auch alles, was ich erwartet habe. Ich kann euch das Buch mit größtem, vollen Herzen empfehlen, egal welche Sprache.
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Lunatico – Isaac Asimov
Ein Bücherschrank-Fund, den ich kurz anlesen wollte und dann nicht mehr aus der Hand legen konnte. Sci-Fi aus den frühen 1970ern ist besonders lustig, wenn der Autor sich die ungewöhnlichsten Konzepte ausdenkt, dann aber irgendwas scheitert, weil nicht genug „Computerzeit“ da ist. Haha. Im Buch geht es um eine neue Energiequelle, die Elektronenpumpe, die als zufällige Entdeckung unendliche, kostenlose Energie auf die Erde bringt. Erst nach und nach kommt raus, wo die Energie herkommt und welche Konsequenzen sie mitbringt. Trotz viel Politik, harter Science und um die Ecke denken, mochte ich das Buch sehr. Bis auf wenige Stellen liest es sich ganz modern und es macht Spaß mit Asimov auf diese Reise zu gehen. Die Ausgabe hier fällt schon fast auseinander, vielleicht finde ich die auch irgendwo noch schöner.
Scheint es gerade nur antiquarisch zu geben.
Berlin: Bleierne Stadt – Jason Lutes
Jason Lutes hat eine Comic-Trilogie geschrieben, die anhand kleiner Geschichten das Ende der Weimarer Republik und den Beginn des Dritten Reichs beschreibt. Alles ist in Schwarz-Weiß gehalten und sehr detailliert gezeichnet, die Handlungen verschwimmen teilweise ineinander. Wir lesen von Künstlerinnen und Journalisten, kommunistischen Arbeiter:innenn, Waisenkindern und Mitgliedern der neuen NS-Partei. Welten prallen aufeinander und vermischen sich in der Großstadt. Ich mochte diesen Teil hier noch ein bisschen mehr als den ersten. Wer sich für Geschichte interessiert oder die historischen Aspekte in der Gereon-Rath-Reihe von Volker Kutscher mochte, wird das hier sicher gerne lesen. Teil 3 steht auch schon auf meiner Liste.
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Bär – Marian Engel
Gelegentlich stößt man auf Bücher, die richtig toll sind, bei denen man sich aber auch immer wieder fragt: Was lese ich hier eigentlich gerade? „Bär“ ist so eine überraschende Entdeckung. Eigentlich schon 1975 geschrieben, wurde es gerade wiederentdeckt und endlich ins Deutsche übersetzt. Dass es schon fast 50 Jahre alt ist, merkt man aber weder in Sprache noch Handlung. (Außer vielleicht daran, dass es kein Internet gibt, aber da es ganz abgeschieden in Kanada spielt, ist das sicher auch heute möglich.) Es geht darin um Lou, die sehr zurückgezogen lebt und mit sich und ihrem Leben unzufrieden ist. Dann bekommt sie das Angebot, ein altes Haus mit allen Büchern und Inventar zu katalogisieren. Abgelegen auf einer Insel, nur Lou, die Natur und geheimnisvolle Entdeckungen. Und ein alter Bär als Haustier, um den sie sich zusätzlich kümmern muss. Einen Sommer lang schauen wir Lou zu, wie sie sich selbst findet, neue Pläne schmiedet und mit Altem abschließt – und wie sie sich in einen Bär verliebt. So richtig. In einen richtigen Bär. Das ist sehr seltsam, aber eben auch richtig, richtig gut. Das Nachwort rückt alles nochmal ins rechte Licht. Tatsächlich wird das Buch oft mit Marleen Haushofers „Die Wand“ verglichen und ich sehe, warum. Wer hat’s gelesen?
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