Gelesen im Februar (2023)

Vier mal allerbeste Leselaune diesen Monat. Vier 5-Sterne-Bewertungen? Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt schon mal geschafft habe. Hilft wahrscheinlich, dass ich meinen Lesegeschmack mittlerweile ganz gut kenne. Aber Überraschungen waren trotzdem dabei. Viel Spaß beim Lesen. 


Morgen und morgen und wieder morgen – Gabrielle Zevin

{Presseexemplar} Das war so gut. Endich mal wieder ein Roman, den man am liebsten in einem Rutsch lesen will. Und dann geht es auch noch um Videospiele; aber keine Sorge, man versteht und mag auch alles im Buch, wenn man kein:e Gamer:in ist. Wir folgen darin Sadie und Sam, die als Kinder viel Zeit miteinander verbracht und gemeinsam gespielt haben. Als sie auf der Uni sind, treffen sie sich wieder. Und da ist sie wieder, diese Freundschaft von zwei Menschen, die eigentlich wenig gemeinsam haben, die sich aber trotzdem mögen und kreativ inspirieren. Sie programmieren gemeinsam ein Spiel und merken schnell, dass das etwas großes wird. Mit dem kommerziellen Erfolg schreiten wir mit ihnen durch die Gamingbranche und loten immer wieder aus, was die beiden eigentlich zusammenhält. Die großen Themen sind also Freundschaft und Rivalität, Glück und Leid, angeborene und gefundene Familien, Kreativität und scheitern. Ich mochte besonders, dass die Figuren nicht immer sympathisch sind und man trotzdem mit ihnen fühlt. Dass das Buch komplex ist, ohne anstrengend zu sein. Unbedingt lesen.

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Record of a spaceborn few – Becky Chambers

Wer bis jetzt noch nicht mitbekommen hat, wie gerne ich Becky Chambers lese, für den sage ich es noch mal: sehr. Ihre Bücher sind Gemütlichkeitslesen, Gedankenspiele zu Welten, die es so noch gar nicht gibt, Sci-Fi für Leute, die das eigentlich gar nicht mögen. Und allen Menschen, denen ich bisher ihre Bücher empfohlen habe, mochten sie sehr. Dieses hier ist nun das dritte Buch der Wayfarer-Reihe. Wir befinden uns Jahre, Jahre in der Zukunft auf einem gigantischen Raumschiff, denn die Erde ist unbewohnbar geworden und irgendwo mussten wir ja hin. Über verschiedene Figuren lernen wir hier, wie diese Menschen zusammenleben, wie die Zukunft von Arbeit, Gemeinschaft, Familie, Tod, Sex und Erinnerung aussehen könnte. Wie erwartet, mochte ich alles daran und bin jetzt ein bisschen traurig, weil ich nur noch ein letztes Buch in der Reihe vor mir habe. – From the beginning, we have wandered. To this day, we wander still. But for all our travels we are not lost. We fly with courage and will undyingly. –

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Tschudi – Mariam Kühsel-Hussaini

Mein drittes 5-Sterne-Buch in Folge und eines, mit dem ich nicht gerechnet habe. Tschudi basiert lose auf der historischen Figur Hugo von Tschudi, Kunsthistoriker und Leiter der Berliner Nationalgalerie um die Jahrhundertwende 1900. Das Buch beschreibt zum einen die Zeit des Deutschen Kaiserreichs so wunderbar genau, als könnte man mit Kunst und Politik durch Berlin schlendern, in Cafés sitzen und Zeitung lesen. Berlin ist fast ein eigener Charakter. Zum anderen ist das Buch Poesie. Nicht wortwörtlich, aber wenn Tschudi diese neuartige Kunst beschreibt, die er aus Frankreich importiert, möchte man die Nationalgalerie stürmen und sich die Bilder ansehen! Ich habe selten bei einem Buch so viele Namen und Bilder nachgeschaut und wollte immer mehr darüber wissen. Ein wunderbares Buch, besonders für alle, die Kunst und Geschichte mögen.

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Tender is the flesh – Agustina Bazterrica

Dies ist ein Buch über Kannibalismus. Ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, warum ich sowas lese… aber von vorne. Die Prämisse fand ich interessant: ein ominöses Virus befällt alle Tiere, wodurch sie für Menschen nicht mehr verzehrbar werden. Ohne Fleisch scheint die Menschheit verzweifelt, die einzige Lösung also: Menschenfleisch. Dafür läuft nun auch eine Massenproduktion an, wie wir sie kennen, nur werden jetzt Menschen gezüchtet, transportiert und geschlachtet, alle Teile von Ihnen genutzt. Das ist ganz schön schockierend und wird auch manchmal im Detail beschrieben. Das Problem ist aber, dass die Autoren sich ganz auf diesen Schockeffekt verlässt. Die Geschichte drumherum ist dünn, die Figuren alle eindimensional brutal oder naiv. Es gibt einen großen Twist am Ende, aber sowas macht ein Buch nun mal auch nicht gut. Was hätte das für ein großartiger Kommentar zu unserer Gesellschaft und Ernährung sein können, aber dafür fehlt zu viel. Die Möglichkeit vegan zu leben, wird nur einmal kurz erwähnt und als verrückt abgetan. Die Menschheit versinkt nach kürzester Zeit im Korruption und Wahn. Besonders die zweite Hälfte des Buches wurde immer grotesker und unglaubwürdiger. Schade.

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Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten – Alice Hasters

Während ich diese kleine Rezension schreibe, sitze ich in Köln Nippes im Café, gar nicht so weit entfernt von ein paar Schauplätzen in diesem Buch. Das hat nichts mit dem Verständnis des Buchs zu tun, ich fand es nur erwähnenswert, weil hier nie irgendwas spielt. Anyway. Das Buch bekommt fünf dicke Sterne von mir. Ich habe schon ein paar Bücher zum Thema gelesen, und dies ist das Beste. Es erklärt besonders den Alltagsrassismus, dem PoC täglich ausgeliefert sind, so dass auch Onkel Bernd das versteht oder vielleicht mal beginnt, darüber nachzudenken. Rassismus sind eben nicht nur die Nazis, die aus ihren Löchern kriechen, oder die Familie, die bei einem PoC-Partner die Nase rümpft, oder die Oma, die ihre Handtasche festhält, wenn ein schwarzer Mann in der Nähe ist. Rassismus ist auch ganz viel, was du und ich täglich tun, und es ist ganz schön schwer, wenn wir darauf aufmerksam gemacht werden. Alice Hasters öffnet da viele Augen, erklärt aber gleich auch, wie das aus Geschichte, Sozialisation und vielen anderen -ismen entstanden ist. Ich glaube, dass selbst die „Jetzt ist aber auch mal gut“-Stammtische hier nicht direkt schmollend abziehen. Unbedingt lesen und allen Menschen schenken mit denen ihr euch über das Thema unterhalten wollt.

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