Gelesen im September (2023)

Habe ich schon mal erwähnt, dass der September mein liebster Monat ist? Wahrscheinlich jedes Jahr, oder? Spätsommer! Herbstanfang! Ich liebe alles daran. Warme Tage mit milden Abenden, die Blätter fangen ganz langsam an sich zu verfärben. Man genießt die Zeit draußen noch mal mehr, weil es bald vorbei ist. Hach. Und dann wird natürlich gelesen … Ein bisschen spannend, ein bisschen gruselig, ein bisschen gemütlich. Oft wusste ich nicht gleich, wie gut ich ein Buch tatsächlich fand und musste es erst auf mich wirklich lassen. Trotzdem ein guter Lesemonat.


In der Hitze der Nacht – John Ball

Auf der Bücherbörse im August habe ich diesen Krimi-Klassiker entdeckt. Und auch wenn Krimi nicht mein Genre ist, mochte ich den hier sehr. Es ist jedenfalls 1965 (in dem Jahr wurde das Buch veröffentlicht). In einer kleinen Stadt im Süden der USA geschieht ein Mord und es wird natürlich erstmal ein schwarzer Mann verhaftet, der im Bahnhof auf seinen Zug wartet. Wer soll das auch sonst gewesen sein? Stellt sich aber heraus: Der Mann -Virgil- ist Polizist aus Los Angeles und kennt sich im Gegensatz zu all den Beamten vor Ort mit Mordermittlungen aus. Er soll also nun helfen – und das startet eine große Geschichte zwischen Ermittlungen und Rassismus, Klasse und Macht. Denn wie ermittelt man, wenn alle Kollegen dich nicht da haben wollen? Wenn Bewohner dich bedrohen und du viele Orte nicht mal betreten darfst? Und wie bewahrt mal als Polizeichef das Gesicht, obwohl man gar keine Ahnung hat und das alles nur schnell hinter sich lassen will? Ein richtig gutes Buch, jetzt muss ich auch endlich mal den Film gucken. 

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My heart is a chainsaw – Stephen Graham Jones

Letztes Jahr war „The only good Indians“ von Stephen Graham Jones eines meiner Jahreshighlights. Auch in „My heart is a chainsaw“ geht es wieder entfernt um das Leben von Native Americans gepaart mit einer Horrorstory. Jade Daniels hat gerade mehr oder weniger die Highschool abgeschlossen und steht jetzt orientierungslos vor ihrer Zukunft. Überhaupt hat sie eigentlich nur ein Interesse: Slasher! Je blutiger, desto besser. Und so erkennt sie scheinbar als Einzige die Zeichen, dass da etwas Ungewöhnliches in ihrer kleinen Stadt vor sich geht. Neue Bewohner:innen gentrifizieren die schöne Umgebung am Indian Lake, immer mehr Menschen sterben auf seltsame Art. Oder sieht sie Zusammenhänge, wo keine sind? Kapitel Eins war ein großartiger Einstieg und hat mich richtig gegruselt, danach ist das Buch leider lange nicht ganz so spannend, weil Jade die Morde aus ihrer Perspektive nur beobachten kann und wir deshalb nie richtig dabei sind. Im letzten Drittel überschlagen sich dann aber die Ereignisse und es wird ganz im Sinne des Slashers sehr blutig. Abgesehen von diesen „Tempo-Problemen“ steckt im Buch aber zum Glück noch mehr als der Horror. Es geht um Zukunft und Perspektive, um dringend benötigte Unterstützung und das Versagen von Eltern, um Außenseitertum und Rückzug. Unterm Strich mochte ich das Buch sehr, ich weiß aber noch nicht, ob es ein Highlight wird. 

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Wie die Gorillas – Esther Becker

Ein kurzes, schnelles Buch. Fast nebenbei und scheinbar harmlos erzählt Esther Becker von drei jungen Frauen und ihrem Aufwachsen. Zusammen lohten sie gesellschaftliche Normen und deren Einflüsse auf Weiblichkeit aus. Was erlauben Eltern, wenn man ein Mädchen ist? Was wird von Körpern erwartet und wie sehen Beziehungen aus? Was soll man eigentlich später beruflich machen? Das sind alles wichtige und interessante Themen, aber weil alles so schnell geht, kommt man leider nie dazu, mal über eines richtig nachzudenken. Man fliegt durch drei Leben. Man lacht hier und da über Kuriositäten. Erschreckt sich, dass man dabei auch Übergriffe als normal wahrnimmt. Aber hängen blieb bei mir wenig.

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Die Welt der Technik in 100 Objekten – Wolfgang M. Heckl

Ich mag Museen, ich mag Geschichte, dieses Buch rief nach mir. Selbst als Hörbuch fühlt es sich an wie ein wunderbar kuratierter Ausstellungskatalog. Anhand kurzer Texte über 100 Objekte, die man im Deutschen Museum in München findet, können wir nachvollziehen, wie die Technik und Wissenschaft allgemein sich in den letzten 500 Jahren entwickelt hat. Da wird gezeigt, wie Menschen mit Zirkeln, Sonnenuhren und Mikroskopen versuchten, die Welt zu verstehen. Wie die ersten Maschinen unsere Arbeit leichter machen sollten und was für eine Angst Menschen davor hatten. Dann kommt Elektrizität und wieder wird alles anders. Autos, Züge, Flugzeuge – so aufregend! Natürlich ist nicht jeder Gegenstand gleich spannend und manches Thema sagte mir wenig. Aber über Fortschritt zu lesen und zu verstehen, dass es immer und immer wieder Angst davor und Aufstände dagegen gab, und dass es trotzdem weiter ging, fühlt sich gut an. Geschichte wiederholt sich. Als letzten Eintrag finden wir übrigens den MRNA-Impfstoff und was für ein großer Sprung das für die Medizin bedeutet. Tolles Buch, das ich mir jetzt auch dringend mal ANSCHAUEN muss.

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Shy – Max Porter

{Presseexemplar} Ich liebe Max Porter und seine Art zu schreiben. („Trauer ist das Ding mit Federn“ oder „Lanny“) Bei diesem Buch hier weiß ich noch nicht ganz, was ich davon halten soll, denn es ist erstmal eine Geschichte über einen schwierigen Teenager und die problematischen Umstände, unter denen er aufwächst. Wir folgen Shy, der in einer Einrichtung für kriminelle Jugendliche wohnt. In einer Nacht schnappt er sich seinen Rucksack und will abhauen zum Teich. Das ganze Buch über sind wir in seinem Kopf in einem Stream of Continuousness und erleben einen Gedankenstrudel aus Vergangenheit, Gegenwart und den offenen Fragen nach seiner Zukunft. Es ist ein gutes Buch, aber mir fehlten die sprachlichen Experimente und ungewöhnlichen Bilder, die ich von Max Porter kenne. Vielleicht ist es aber ganz gut zum Einstieg? Es ist auf jeden Fall ein Tipp für Fans von „Tschick“.

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I who have never known men – Jacqueline Harpman

Ein Buch, wie ich noch keines gelesen habe. Es ist seltsam und langsam und es hat fünf Sterne von mir bekommen. Die Handlung wirft mehr Rätsel auf als sie zu lösen. Wir starten mit einer Gruppe von 40 Frauen, die seit langer Zeit in einem großen Käfig eingesperrt sind. Um sie herum patrouillieren Wachen, sprechen nicht, aber passen auf, dass nichts passiert. Die Frauen wissen nicht, wie oder warum sie dort hingekommen sind. Eines Tages passiert etwas und sie können entkommen, aber draußen wird alles nur noch seltsamer. Keine Ahnung, ob das Sci-Fi, Fantasy oder Post-Apokalypse ist. Man weiß gar nichts, aber fliegt durch die Seiten, weil man immer mehr und mehr von diesen Figuren lesen möchte. Das Buch handelt von Einsamkeit und dem Bedürfnis nach anderen Menschen. Von dem Wunsch, die eigene Bestimmung zu kennen, und dem Drang, etwas zum Besseren zu verändern. Klingt alles philosophisch, aber nach der letzten Seite fängt man am besten gleich wieder vorne an. 

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Come closer – Sara Gran

Noch ein bisschen Horror für den Herbst. Come closer ist eine klassische Besessenheitsgeschichte, geradlinig und gut und mit 180 Seiten schnell gelesen. Wir folgen darin Amanda, die mit ihrem Mann in einem schicken, aber einsamen New Yorker Loft wohnt, einen guten Job hat und zufrieden ist. Dann starten die Seltsamkeiten: ein unerklärliches Klopfen in der Wohnung, intensive Träume, Kritzeleien auf Arbeitsunterlagen, die Amanda aber nicht geschrieben hat. Wird sie verrückt oder ist da mehr los? Bricht sie nur aus ihrem Alltag aus oder verwandelt sie sich in eine Person, die sie nicht ist? Ein perfektes Buch, wenn man Lust auf eine rasante, spannende Geschichte und keine Angst vor Horrorelementen hat. 

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