Beste Bücher 2023

Es ist wieder so weit. Ein Jahr ist rum, ich habe jede Menge Bücher gelesen, mein Leseziel geschafft. Booktube Bookstagram und Booktok sind schon seit einem Monat voll mit Best-Of-Listen, aber ich habe mir wie immer Zeit gelassen bis ins neue Jahr, denn ich will auch wirklich alle Bücher mit reinnehmen, von Januar bis Dezember. 

Ich habe noch keine schönen Statistiken (habe dieses Jahr mit StoryGraph angefangen, mal sehen wie das wird), aber ich kann sagen: Ich habe 66 Bücher gelesen, das dritte Jahr hintereinander, haha. Ist wohl meine Zahl. Ohne bewusst darauf zu achten sind es 23 Autoren und 43 Autorinnen geworden. 21 Bücher waren von deutschsprachigen Autorinnen, der Rest Übersetzungen oder englische Originale.

In der ersten Runde auf Instagram habe ich meine sieben liebsten Bücher aus diesem Stapel herausgesucht. Das waren die Bücher, die ich dringend allen empfehlen wollte. Für diesen Blogpost habe ich noch drei dazu genommen, damit es eine schöne Top 10 wird. Schluss mit Vorgeplänkel also, hier sind meine besten Bücher 2023 – nach der Reihenfolge, in der ich sie gelesen habe. 

Record of a spaceborn few – Becky Chambers

Wer bis jetzt noch nicht mitbekommen hat, wie gerne ich Becky Chambers lese, für den sage ich es noch mal: SEHR. Ihre Bücher sind Gemütlichkeitslesen, Gedankenspiele zu Welten, die es so noch gar nicht gibt, Sci-Fi für Leute, die das eigentlich gar nicht mögen. Und allen Menschen, denen ich bisher ihre Bücher empfohlen habe, mochten sie sehr. Dieses hier ist nun das dritte Buch der Wayfarer-Reihe. Wir befinden uns Jahre, Jahre in der Zukunft auf einem gigantischen Raumschiff, denn die Erde ist unbewohnbar geworden und irgendwo mussten wir ja hin. Über verschiedene Figuren lernen wir hier, wie diese Menschen zusammenleben, wie die Zukunft von Arbeit, Gemeinschaft, Familie, Tod, Sex und Erinnerung aussehen könnte. Wie erwartet mochte ich alles daran und bin jetzt ein bisschen traurig, weil ich nur noch ein letztes Buch in der Reihe vor mir habe. 

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Tschudi – Mariam Kühsel-Hussaini

Ein 5-Sterne-Buch mit dem ich nicht gerechnet habe. Tschudi basiert lose auf der historischen Figur Hugo von Tschudi, Kunsthistoriker und Leiter der Berliner Nationalgalerie um die Jahrhundertwende 1900. Das Buch beschreibt zum einen die Zeit des Deutschen Kaiserreichs so wunderbar genau, als könnte man mit Kunst und Politik durch Berlin schlendern, in Cafés sitzen und Zeitung lesen. Berlin ist fast ein eigener Charakter. Zum anderen ist das Buch Poesie. Nicht wortwörtlich, aber wenn Tschudi diese neuartige Kunst beschreibt, die er aus Frankreich importiert, möchte man die Nationalgalerie stürmen und sich die Bilder ansehen! Ich habe selten bei einem Buch so viele Namen und Bilder nachgeschaut und wollte immer mehr darüber wissen. Ein wunderbares Buch, besonders für alle, die Kunst und Geschichte mögen.

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Morgen und morgen und wieder morgen – Gabrielle Zevin

{Presseexemplar} Glaubt dem Hype, das war so gut. Endich wieder ein Roman, den man am liebsten in einem Rutsch lesen will. Und dann geht es auch noch um Videospiele; aber keine Sorge, man versteht und mag auch alles im Buch, wenn man kein:e Gamer:in ist. Wir folgen darin Sadie und Sam, die als Kinder viel Zeit miteinander verbracht und gemeinsam gespielt haben. Als sie auf der Uni sind, treffen sie sich wieder. Und da ist sie dann, diese Freundschaft von zwei Menschen, die eigentlich wenig gemeinsam haben, die sich aber trotzdem mögen und kreativ inspirieren. Sie programmieren gemeinsam ein Spiel und merken schnell, dass das etwas großes wird. Mit dem kommerziellen Erfolg schreiten wir mit ihnen durch die Gamingbranche und loten immer wieder aus, was die beiden eigentlich zusammenhält. Die großen Themen sind also Freundschaft und Rivalität, Glück und Leid, angeborene und gefundene Familien, Kreativität und scheitern. Ich mochte besonders, dass die Figuren nicht immer sympathisch sind und man trotzdem mit ihnen fühlt. Dass das Buch komplex ist, ohne anstrengend zu sein. Unbedingt lesen.

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Butter – Asako Yuzuki

Das hier ist ein Buch über Genuss. Vom einfachen Butterreis über heiße Ramen um 3 Uhr morgens bis zum gebratenen Truthahn-Fest mit Freunden und Familie. Vielmehr noch ist es eine Geschichte, in der Genuss die zentrale Rolle einnimmt, über den Menschen zu sich selbst finden. Rika ist Reporterin in Tokio und hat eine Interviewserie mit der möglichen Serienmörderin Manako geplant. Manako fasziniert das ganze Land, denn sie hatte nicht nur mehrere Liebhaber, obwohl sie – oh Schreck – ein bisschen dick ist, ihre Männer sind zudem alle gestorben. Während Rika nun mehr über Manako und ihre Geschichte lernt, entwickelt sie sich weiter, löst Beziehungen, schließt neue Freundschaften, hinterfragt das Frauen- und Männerbild speziell im konservativen Japan. Von Gericht zu Gericht, von Genuss zu Genuss, den Manako ihr näher bringt. Das Buch steckt voller unterschiedlicher Figuren, die alle auf ihre Arten mit Erwartungen und Sinnlichkeiten kämpfen. Da steckt eigentlich genug drin für eine ganze Netflix-Serie. Würde ich sofort gucken, mochte ich sehr.

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Nightbitch – Rachel Yoder

Bücher müssen nicht perfekt sein, um richtig viel Spaß zu machen. So wie das hier. Es ist ein seltsames Buch, aber gerade deshalb habe ich es sehr gemocht. Es ist wild, es ist kantig, es versucht gar nicht, eine „normale“ Geschichte zu erzählen. Wir folgen darin der namenlosen Mutter, die so, so müde ist. Weil sie sich um ein Kleinkind kümmert, das nicht schläft, weil sie einen Partner hat, der sie nur am Wochenende unterstützen kann und es dann nicht mal tut. Weil sie zweifelt, ob ihre Entscheidungen im Leben die Richtigen waren. Als Konsequenz aus all dem verwandelt sie sich in einen Hund. Langsam. Eine Nightbitch, die frei ist und glücklich und endlich wieder sich selbst fühlen kann. Die Handlung hakt hier und da ein bisschen, aber das hat mir gar nichts ausgemacht. Ich will jetzt mehr seltsame Bücher lesen und nervige Menschen anbellen. (TW aber: Gewalt an Tieren) 

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Nincshof – Johanna Sebauer

{Presseexemplar} Die Prämisse ist seltsam. Nincshof ist ein kleines Dorf in Österreich, dessen Bewohner gerne in Ruhe leben würden. Also hecken drei Männer einen Plan aus: Nincshof soll vergessen werden – denn ohne Aufmerksamkeit und Einfluss von außen sollte doch alles ganz friedlich sein, oder? Allerdings stören dabei die neuen Bewohner:innen im Dorf und auch die rüstige Erna ist nicht gerade hilfreich. In die verliebt man sich als Leser:in aber schon, als sie das erste Mal in den Pool der Nachbarn einbricht, weil es so schrecklich heiß ist und sie eh nichts anderes vor hat. Auch wenn mich stellenweise die Sprache der Autorin genervt hat (warum immer Vor- und Nachnamen?!), ist das hier so ein richtig schönes Sommerbuch. Immer passiert etwas, immer gibt es ein neues Geheimnis, das gelüftet wird. Die Charaktere sind skurril, aber liebenswert, die Geschichte absurd, aber kurzweilig. Ich empfehle es allen, die „Was man von hier aus sehen kann“ mochten.

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In der Hitze der Nacht – John Ball

Auf der Bücherbörse im August habe ich diesen Krimi-Klassiker entdeckt. Und auch wenn Krimi nicht mein Genre ist, mochte ich den hier sehr. Es ist jedenfalls 1965 (in dem Jahr wurde das Buch auch veröffentlicht). In einer kleinen Stadt im Süden der USA geschieht ein Mord und es wird natürlich erstmal ein schwarzer Mann verhaftet, der im Bahnhof auf seinen Zug wartet. Wer soll das auch sonst gewesen sein? Stellt sich aber heraus: Der Mann – Virgil – ist Polizist aus Los Angeles und kennt sich im Gegensatz zu all den Beamten vor Ort mit Mordermittlungen aus. Er soll also helfen – und das startet eine große Geschichte zwischen Ermittlungen und Rassismus, Klasse und Macht. Denn wie ermittelt man, wenn alle Kollegen dich nicht da haben wollen? Wenn Bewohner dich bedrohen und du viele Orte nicht mal betreten darfst? Und wie bewahrt mal als Polizeichef das Gesicht, obwohl man gar keine Ahnung hat und das alles nur schnell hinter sich lassen will? Ein richtig gutes Buch, das ihr leider suchen müsst, denn das gibt es nur noch gebraucht.

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I who have never known men – Jacqueline Harpman

Ein Buch, wie ich noch keines gelesen habe. Es ist seltsam und langsam und es hat fünf Sterne von mir bekommen. Die Handlung wirft mehr Rätsel auf als sie zu lösen. Wir starten mit einer Gruppe von 40 Frauen, die seit langer Zeit in einem großen Käfig eingesperrt sind. Um sie herum patrouillieren Wachen, sprechen nicht, aber passen auf, dass nichts passiert. Die Frauen wissen nicht, wie oder warum sie dort hingekommen sind. Eines Tages passiert etwas und sie können entkommen, aber draußen wird alles nur noch seltsamer. Keine Ahnung, ob das Sci-Fi, Fantasy oder Post-Apokalypse ist. Man weiß gar nichts, aber fliegt durch die Seiten, weil man immer mehr und mehr von diesen Figuren lesen möchte. Das Buch handelt von Einsamkeit und dem Bedürfnis nach anderen Menschen. Von dem Wunsch, die eigene Bestimmung zu kennen, und dem Drang, etwas zum Besseren zu verändern. Klingt alles philosophisch, aber nach der letzten Seite fängt man am besten gleich wieder vorne an. 

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A prophet‘s song – Paul Lynch

Als ich im September in Antwerpen war und durch die Buchhandlungen gestöbert habe, bin ich auf „A prophet‘s Song“ aufmerksam geworden. Zwei Monate später dann: Booker Prize! Alle schwärmen! Also greife ich endlich auch zum Buch und kann sagen: wow, so gut. Erst einmal ist es sprachlich eine Wucht, es beschreibt Gefühle so präzise und lässt uns dem Geschehen wie einem Film zuschauen. Dann ist es auch thematisch so aktuell, dass man immer und immer weiterlesen will, aber gelegentlich Pausen braucht, damit es einen nicht umhaut. Wir lesen von Eilish, Wissenschaftlerin und Mutter von vier Kindern, die miterleben muss, wie Irland in den Totalitarismus abrutscht. Hat man schon mal gelesen, aber das hier spielt nicht in einer abstrakten Zukunft, sondern genau jetzt, und ohne Namen oder politische Ausrichtungen zu nennen ist es erschreckend realistisch. Die Lage eskaliert bis hin zum Bürgerkrieg, aber Eilish muss sich kümmern, um die Kinder, um ihren Vater, irgendwer muss den Alltag aufrechterhalten. Es ist gerade diese Perspektive, die das Buch so besonders macht. Denn wir lesen hier nicht von einer Widerstandskämpferin, die sich dem Regime stellt, sondern von einer ganz normalen Bürgerin, die versucht, sich so lange es geht nicht einzumischen, die Kinder in die Schule zu bringen, Milch zu kaufen. Es geht um Entscheidungen, um Alltag, um Politik und Flucht. Aber auch um Familie und Teenager und Verantwortung. Über das Ende muss ich noch ein bisschen nachdenken, da weiß ich noch nicht, ob mir das gefallen hat. Im September 2024 erscheint das auf Deutsch bei Klett Cotta.

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Babel – R.F. Kuang

Wer mehr als eine Sprache spricht, weiß dass eine perfekte Übersetzung nicht immer möglich ist. Oft schwingen in Worten noch andere Bedeutungen mit, lassen jede Menge Interpretationsspielraum. Diese Ambivalenz der Sprache ist der Motor der Gesellschaft in Babel. Da werden übersetzte Wortpaare auf kleine Silberplättchen graviert und dadurch entsteht Magie, und damit auch Energie, Medizin, Inspiration und so viel mehr. Hört sich komplex an, ist es auch, aber in einer so spannenden und eingängigen Geschichte eingebettet, dass man nie den Faden verliert, während man mehr und mehr wissen will. Dazu kommt das große Thema Kolonialismus, denn irgendwoher muss das Silber und die Übersetzer:innen ja kommen, um den britischen Wohlstand des 19. Jahrhunderts aufrechtzuerhalten. Was noch? Revolution, Freundschaft, Verrat, Universitätsleben, Familie, Einwanderung. Auf 730 Seiten! Nicht abschrecken lassen, es ist wirklich sehr, sehr gut.

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