Gelesen im Oktober (2023)

Im Oktober habe ich am großen Genre-Rad gedreht und offenbar alles einmal ausprobiert. Thriller, Horror, Fantasy, Kurzgeschichte – alles dabei. Das meiste war sogar richtig gut. 


Wrong Place, Wrong Time – Gillian McAllister

Meine große Genre-Ausprobiererei geht weiter. Dieses Mal habe ich einen klassischen Thriller gelesen. Obwohl, ist der so klassisch, wenn die Protagonistin durch die Zeit reist, um den Fall zu lösen? Aber von vorne: Jen macht macht sich bettfertig, flirtet mit ihrem Mann, wartet auf ihren Sohn. Als der draußen vor dem Fenster erscheint, ist er nicht allein. Jen beobachtet einen Streit mit einem Fremden, dann ersticht ihr Sohn ihn. Was ist passiert? Wie konnte es soweit kommen? Als Jen am nächsten Morgen erwacht, ist es der Morgen davor – noch ist also nichts passiert. Sie reist weiter und weiter in die Vergangenheit, um herauszufinden, wie es zu dem Tod des Fremden kommen konnte. Und wie sie die Tat ihres Sohnes verhindern kann. Das war spanend und immer wieder überraschend. Da waren so viele Wendungen in der Story, die aber auch nicht zu weit hergeholt waren. Vielmehr erlebt Jen Situationen in der Vergangenheit noch einmal, die sie damals übersehen hat oder deren Zusammenhänge ihr nicht klar waren. Es geht nicht nur darum, was man alles für sein Kind und seine Familie tun würde, sondern auch, was man alles nicht wahrnimmt, um sich selbst ein schönes Bild zu bewahren. Auf Deutsch heißt das Buch „Going back“ und hat ein hässliches Cover, aber naja. Kann ich empfehlen, besonders wenn man mal wieder ein schnelles Buch für Zwischendurch braucht.

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Piranesi – Susanna Clarke

Piranesi war ein italienischer Architekt, der vor allem für seine Kupferstiche von einem erfundenen, fast surrealen Gefängnis bekannt geworden ist. Und so steckt auch die titelgebende Figur in einem unendlich scheinenden Labyrinth fest, bestehend aus großen Sälen, gesäumt von großen Statuen. Durch die oberen Stockwerke treiben Wolken, im unteren Stockwerk wütet der Ozean. Und in der Mitte sitzt Paranesi, kümmert sich um das Labyrinth, denkt nach und schreibt Tagebuch. Genau das lesen wir hier. Klingt kompliziert und das ist es am Anfang auch. Denn nach und nach kommen zu dieser einfachen Welt auch Faktoren hinzu, die Piranesi nicht versteht. Wer ist der „Andere“, den Piranesi zweimal die Woche trifft, der ihm wichtige Utensilien bringt und die Geheimnisse der Räume lüften will? Wer ist die geheimnisvolle neue Person, vor der Piranesi gewarnt wird? Und was sind das für Aufzeichnungen in seinen Tagebüchern, die er nicht versteht, die aber in seiner Handschrift geschrieben sind? Wir wandern von Rätsel zu Rätsel und trotzdem geht es im Buch nicht wirklich um deren Lösungen. Das hier ist schließlich ein Fantasy-Roman. Ist es die Atmosphäre, die mich so in den Bann gezogen hat? Obwohl ich sowas sonst gar nicht gern lese, denke ich jedenfalls noch oft an diese Welt.

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Wir haben Raketen geangelt – Karen Köhler

Kurzgeschichten sind in der Regel schnell gelesen und haben am Ende irgendeine Überraschung, aber muss das immer so sein? In dieser Sammlung hier mochte ich besonders die Geschichten, in denen es nicht so war. „Polarkreis“ war wunderbar und hat meine Italiensehnsucht neu entfacht. „Findling“ hat mich schon ein bisschen an Köhlers späteren Roman „Miroloi“ erinnert. Ansonsten habe ich in fast jeder Geschichte die Stimmung und leisen Gefühle bewundert; besondere Beobachtungen, die so präzise wiedergegeben wurden, dass ich es selbst gefühlt habe. Was ich durch die Bank nicht mochte waren die oft viel zu heftigen Wendungen (sexuelle Übergriffe, Tod etc). Da wurde ich mit einem Schlag aus der Geschichte katapultiert und musste mich kurz sammeln. Wenn das die Intention war, hat‘s geklappt. Aber fast keine der Geschichten hätte es gebraucht. 

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My best friend‘s exorcism – Grady Hendrix

Teenagermädchen haben jede Menge Probleme: Man muss eine beste Freundin finden, gut in der Schule sein, zu Partys eingeladen werden und abwesende Eltern verkraften. Wir befinden uns hier mitten in diesem großen Hormonwirbel aus der besten Zeit des Lebens und jede Menge großem Drama wegen Lapalien. Aber was passiert, wenn die beste Freundin sich nicht nur anders entwickelt, sondern von einem Dämon besessen ist? Hendrix setzt die Geschichte mitten in die 1980er, so dass wir uns zusätzlich auf Festnetztelefone, Make-up-Experimente und Phil Collins freuen können. Ich mochte die Freundschaft der Mädchen sehr und wie realistisch sie sich in diesem Mix aus Horror und Comedy angefühlt hat. (Und obwohl ich das Ende erstmal nicht mochte, ist auch das eigentlich genau richtig.) Wenn du „Final Girl Support Group“ von Hendrix gelesen hast und nicht verstehst, wo der Hype her kommt: I feel you. Das Buch war nicht gut. Versuch es lieber mit dem hier.

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Sputnik Sweetheart – Haruki Murakami

Mit Murakami habe ich so manche Probleme, aber gleichzeitig faszinieren mich seine Geschichten. Auch das hier ist wieder seltsam – Figuren, Handlung, alles. Trotzdem wollte ich weiter und weiter lesen, um es zu verstehen. Der Ich-Erzähler liebt Sumire, das klassische Manic Pixie Dreamgirl. Sumire liebt Miu, aber die ist verheiratet und braucht nur eine Assistentin. Da wird viel nachts telefoniert, europäische Weingüter besucht und klassische Musik gehört. Sumire geht irgendwann verloren und Miu hat surreale Träume, man kennt das von Murakami. Ständig erwartet man Erklärungen, aber eigentlich ist es ein Roman voller Sehnsucht, und die wird auch im echten Leben nicht oft erfüllt. Der Roman ist gleichzeitig langsam und intensiv, die Gedanken über Einsamkeit mochte ich sehr. Trotzdem ist da auch wieder Murakamis altes Problem: Er kann ganz schlecht Frauen schreiben. Es gibt außerdem eine lesbischen Beziehung im Buch, bei der ich bezweifle, dass sich da irgendwer richtig repräsentiert fühlt, aber das kann ich nur vermuten. Kein Highlight, aber mochte ich.

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