Huch, da habe ich scheinbar nur Schwarz-Weiß gelesen im Juni. (Ich meine die Cover.) Aber inhaltelich bunt gemischt war es auch sonst nicht. Euch erwarten hier düstere Zukunftsvisionen und ein bisschen Grusel. Offenbar stecke ich noch mitten drin in meiner Genre-Phase.
Das Haus am Ende der Welt – Paul Tremblay
Diese Buchkritik trägt die Überschrift: Ich lese das jetzt noch zu Ende, weil ich wissen will, wie der Quatsch ausgeht. Gelohnt hat es sich nicht. Die Story ist einfach: die 8-jährige Wen macht mit ihren zwei Vätern Urlaub in einer abgelegenen Ferienhütte am See, als vier Fremde mit Waffen dazu kommen und behaupten, die Welt gehe unter und nur die drei könnten sie durch ein Opfer retten. Aha. Bis wir an diesem Punkt sind, haben wir aber auch schon gelesen und gelesen, denn was der Autor besonders gern macht, ist vom Thema abzulenken. Nicht weil es wichtig wäre, nur weil er es kann (aber leider nicht so gut). Als Kurzgeschichte hätte das Buch bestimmt funktioniert und wäre nicht so frustrierend gewesen. So ist es ein unnötig lang gezogenes Gemetzel, in dem man ständig ungeschickt die Perspektiven der Personen wechselt.
Rocky Beach, eine Interpretation – Christopher Tauber
Ich bin einer der Menschen, die früher sehr gern und viel Die drei ??? gehört haben. Irgendwann hat mich das verlassen, aber als ich diesen Comic hier in der Bücherei gefunden habe, hat mich die Neugier noch einmal kurz gepackt. Wir springen darin viele Jahre nach vorne. Die drei Detektive sind erwachsen geworden und weitergezogen. Rocky Beach ist nun ein düsterer Ort mit viel Verbrechen. Es passieren unterschiedliche Dinge, die ich hier nicht verrate, durch die die drei zurückkehren. Es wird wieder ermittelt. <3 An sich: Alles schön. Ein spannender Fall, der alte Schrottplatz, die drei Detektive wieder zusammen. Dann aber: Die drei sind für mich weit von den Erwachsenen entfernt, als die ich sie mir vorgestellt habe. Besonders Bob! Die Gefahr besteht natürlich bei so einer Interpretation. Der Comic war aber trotzdem eine nette Lektüre für einen Abend.
Dark Tales – Shirley Jackson
Wenn schon Kurzgeschichten, dann seltsame und düstere, bitte. Ich habe schon zwei Romane von Shirley Jackson gelesen und mochte beide sehr. Diese Short Storys hier sind klassischer American Gothic. Immer sind es normale Menschen mit normalen Leben, denen etwas seltsames oder verstörendes passiert. Das muss nicht unbedingt gruselig sein. Da braucht es keine Monster, das steckt alles in uns selbst. Die Frau, die plötzlich beim Abendessen darüber nachdenkt, ihren Mann zu töten. Die Oma, die mit anonymen Briefen die Nachbarn terrorisiert. Das Mädchen, das von zu Hause wegläuft und gefunden wird. Am Ende wendet sich das Blatt immer überraschend, hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Meine Jackson-Sammlung wird weiter wachsen.
Kallocain – Karin Boye
Wer Bücher a la „1984“ oder „Schöne neue Welt“ mag – hier ist historischer Nachschub für euch. Es ist 1940 als die schwedische Autorin Karin Boye ihre düstere Vision einer totalitären Zukunft beschreibt. Sie blickt auf Deutschland, sie blickt auf die Sowjetunion, vermischt Ideologien und pickt sich für ihren „Weltstaat“ besonders die Elemente Überwachung und Staatstreue heraus, den Verlust des Individuums, die Gleichschaltung von allem. Hier wohnt Leo Kall in einer Zweckehe in einer unterirdischen Wohnung, denn es herrscht ständig Krieg und die Bevölkerung muss funktionieren. Er ist Chemiker und hat gerade die Droge Kallocain entwickelt, die bewirkt, dass Menschen freiwillig ihre dunklen Geheimnisse erzählen. Für den Staat ist diese Entdeckung Gold wert, denn so kann Verbrechen noch besser aufgeklärt, Staatstreue überprüft, die Linie noch besser gehalten werden. In seinen Vernehmungen entdeckt Leo, dass sich hier und da leiser Widerstand regt, nicht radikal, sondern fast zärtlich. Menschen suchen einen Sinn, suchen Vertrauen ineinander. Sie möchten nicht mehr ausschließlich ein Rädchen im Getriebe der Wirtschaft und Kriegsmaschine sein. Und während er durch seine Entdeckung das erste Mal so etwas wie Macht spürt, beginnt er gleichzeitig zu zweifeln und fragt sich, was er von seinem Leben eigentlich noch erwartet. Das Buch ist herrlich aktuell, gerade weil es nicht auf eine bestimmte Staatsform eingeht, sondern viele totalitäre Strukturen vereint. Es lässt viel Raum.
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