Hach Herbst, hach ihr schönste aller Lesemonate. Da kann man an einem Tag noch draußen im Park in der Sonne sitzen und muss am nächsten schon ins gemütliche Café umziehen, Tee bestellen und immer kann man lesen. Deswegen waren es in diesem Monat auch vielleicht wieder ein bisschen mehr Bücher. Und ganz wichtig, also eher für mich und für niemand sonst, Ende Oktober habe ich schon mein Leseziel des Jahres geschafft. Das sind die Menge an Büchern, die man sich am Anfang des Jahres vornimmt, um Leseflauten zu vermeiden und die Sache noch interessanter zu machen. Darüber schreibe ich bald mal was. Los geht’s!
Wie Fotos wirken – Brian Dilg
{Presseexemplar / ich arbeite beim Verlag}
„90% der heute aufgenommenen Fotos dienen dazu, Erlebnisse zu teilen,“ sagt Brian Dilg. Das sind Fotos aus dem Urlaub, vom Konzert oder den Kindern. Die sind zwar schön, wecken Erinnerungen oder sind in der Wohnung dekorativ, aber meist sind sie nicht „gut“ im eigentlichen Sinne. Ich lese ja schon aus beruflichen Gründen einige Fotografie-Bücher, aber das hier hat mir besonderes gut gefallen. Es erklärt nicht, wie man gute Fotos macht, sondern warum gute Fotos etwas in uns auslösen, indem Sehen, Denken und Wahrnehmen erklärt werden. Über manche Fotos im Buch habe ich laut gelacht, mich bei anderen unwohl gefühlt und bei einem in der Bahn geweint. Sie wirken also, und ich weiß jetzt auch ein bisschen besser warum. Das hier bringt es auf den Punkt: „Die Bilder, die mir in Erinnerung bleiben, sind VON einer Sache, aber ÜBER etwas anderes.“
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Die Abenteuer von Tom Sawyer – Mark Twain
Ein Bücherschrank-Fund, der mich dazu animiert hat, mal wieder einen Klassiker zu lesen, der schon lange auf meiner Liste stand. Ich habe nur den ersten Teil, also Tom Sawyer gelesen, weil ich ehrlich gesagt etwas gelangweilt war. Wenn Twains kritischer Humor durchkam, mochte ich es. In allen anderen Teilen wollte ich so viel lieber Pipi Langstrumpf lesen …
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My Sister, the serial killer – Oyinkan Braithwaite
Kurzweilig und schnell, aber doch vielschichtig. Das war genau das Buch, das ich jetzt brauchte. Erzählerin Korede ist eine eher unscheinbare Krankenschwester, sehr sauber und ordentlich, ein bisschen langweilig. Ihre Schwester Ayoola hingegen wird von Menschen umflattert, von Männern begehrt, von Frauen beneidet. Was keiner weiß: schon zum dritten Mal ruft sie gleich zu Beginn des Buches Korede an, weil sie ihre Hilfe beim Beseitigen einer Leiche braucht. Ayoola „verteidigt“ sich gerne mit einem großen Küchenmesser, auch wenn sie gar nicht angegriffen wird. Beim dritten Mal, das hat Korede recherchiert, macht sie das zu einer Serienmörderin.
Im Buch geht es neben der Handlung selbst um die Frage, wie lange Loyalität halten kann, es geht um Selbstwahrnehmung und auch ein bisschen darum, wie wir zu dem Menschen werden, der wir sind. Ich mochte am Buch, dass viele Themen nur angestoßen, aber nicht auserzählt werden, der Leser muss selbst weiterdenken. Punktabzug gibt es aber dafür, dass die Haupthandlung schnell sehr vorhersehbar wird und das Ende ein bisschen lahm ist. Mochte ich trotzdem. Und als Kindle-Version kostet das gerade übrigens nur 5,59€!
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Paper Girls 3 und 4 – Brian K. Vaughan
Endlich war der dritte und vierte Teil der Paper Girls in der Stadtbibliothek verfügbar. Hach, in einem Rutsch war‘s durch. Mittlerweile darf ich ja gar nicht mehr viel erzählen, was passiert, ohne zu spoilern. Ich sag mal so: Zeitreisen! Monster! Wunderbare Heldinnen! Die Reihe wird immer besser.
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Blackout Island – Sigrí∂ur Hagalín Björnsdóttir
Das passiert nur noch selten bei mir: ich streife durch die Stadtbibliothek und nehme einfach ein Buch mit, von dem ich noch nie gehört habe. Aber ich hatte Lust auf ein bisschen Endzeitstimmung, und da lag es und lachte mich an. Die Prämisse ist einfach: Island wacht eines Tages auf und der Rest der Welt ist verschwunden. Keine Neuigkeiten, keine Kommunikation, keine Flugzeuge oder Schiffe kommen mehr vorbei. Und wer selbst eins Richtung Europa nimmt, kommt nicht mehr zurück. Was folgt, ist gut zu lesen, aber doch etwas zu voraussagbar. Die soziale Gemeinschaft bröckelt, Selbstversorgung ist das Ziel, alle kämpfen ums Überleben. Ich mochte den Handlungsstrang um die aufsteigende Diktatur, wie einfach und fast unbemerkt das herankriecht. Das Ende war mir dann wieder zu einfach. Insgesamt ok.
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Die Jahre – Annie Ernaux
Ein Buch wie ein altes Fotoalbum, das man durchblättert und dann ist alles wieder da. All die kleinen Momente und großen Geschichten. Und auch der Kontext, in dem das alles stattgefunden hat. Ohne eine „Handlung“ im klassischen Sinne erzählt dieses Buch vom Leben einer Frau von früher Kindheit bis ins hohe Alter. Durch viele kleine Erinnerungen erzählt es, wie sie sich verändert, wie die Welt sich verändert und wie beides miteinander zusammenhängt. Das hier ist ein ganz besonderes Buch, die Sprache ist so präzise und die Bilder so auf den Punkt. Es funktioniert aber auch am besten gemeinsam mit der eigenen Erinnerung (oder dem Wissen um diese Zeit), weshalb die sehr spezifischen französischen Passagen mir leider weniger bedeutet haben. Trotzdem: da ist so viel Freude und Melancholie und Erinnerung in diesem kurzen Text. „Etwas von der Zeit retten, in der man nie wieder sein wird.“
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