Bücher im April (2021)

Oha, ich hatte diesen Beitrag eigentlich schon Anfang Mai fertig und habe dann einfach vergessen, ihn zu posten. Die letzten Gehirnzellen verabschieden sich wohl gerade. Die gute Nachricht, ich habe den 1280-Seiten-Wälzer, den ich schon so lange auf meiner Leseliste habe, geschafft. Die noch bessere Nachricht: Ich liebe ihn. Dazu gab es dann noch ein paar kürzere Bücher zu ganz schön schweren Themen. Aber seht selbst.


Das achte Leben ( Für Brilka) – Nino Haratischwili

Ich hab’s geschafft. 1280 Seiten. Und  eigentlich würde ich gerne gleich wieder von vorne anfangen. Das hier ist eine epische Familiengeschichte, die uns von Georgien über Moskau und Prag bis Berlin, Wien und London führt. Mit sechs Generationen von hauptsächlich weiblichen Familienmitgliedern streifen wir durch das 19. Jahrhundert. Da ist natürlich auch viel Politik dabei, aber immer so, dass man alles auch ganz ohne Vorkenntnisse versteht. In der Rahmenhandlung erzählt Niza ihrer Nichte Brilka die lange Familiengeschichte und warum sich bis heute alles so entwickelt hat, wie es ist. Natürlich ist so ein langes Buch erstmal Arbeit für die Leserinnen, die es nicht gewohnt sind, so dicke Bücher zu lesen. Aber es lohnt sich so sehr. Die Themen darin sind vielfältig und die Figuren wachsen einem ans Herz, auch wenn man nicht immer einer Meinung mit ihnen ist. Erzählt wird von viel Gewalt, von Hoffnungslosigkeit, Stolz und Verzweiflung, aber auch von so viel Liebe, Verständnis und Emotionalität. Es ist ein Spiel mit einer alternativen Geschichtserzählung, hauptsächlich aus Sicht der Frauen, die Kriege, Aufstände und Konflikte in ein ganz anderes und nachvollziehbares Licht rückt. Hach, ich könnte ewig so weitererzählen. Bitte lesen.

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Foto-Storytelling – Finn Beales

This book is pretty. Sieht gut aus und fühlt sich schön an. Die Buchmenschen wissen, wovon ich spreche. Aber auch der Inhalt kann sich sehen lassen, denn Finn Beales ist Werbefotograf und zeigt hier, wie er es schafft, ganz besondere Fotoreportagen zu fotografieren, von denen man mehr sehen möchte. Das Storytelling an sich beschreibt er mit klaren Beispielen und ganz oft hatte ich das große „Aha“ im Kopf. Es geht dabei nicht um einzelne Fotos, sondern um Abfolgen mehrerer Bilder, die besonders im Kontext von Instagram funktionieren. Und auch wenn er im weiteren Verlauf des Buches viel von seinem Workflow als Werbefotograf erzählt, uns mitnimmt, wenn er Ideen erarbeitet, sich für einen Auftrag bewirbt, das Shooting in einem anderen Land vorbereitet oder die Bilder nachbearbeitet – die Beispiele sind immer so konkret, dass ich sie nachvollziehen kann und sie mir auch helfen, wenn ich gar keine großen Kampagnen fotografiere. Für alle, die gerne fotografieren (und auch mehr also nur den Alltag für Instagram) und Lust auf einen Workshop haben. {Disclaimer: Ich arbeite beim Verlag}

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Sei kein Mann. Warum Männlichkeit ein Alptraum für Jungs ist – J.J. Bola

{Presseexemplar} Der Feminismus ist nicht allein für Frauen, das ist ein leidiges Thema, dass wir immer wieder vermitteln müssen. Hier will sich dieses Buch an der Diskussion beteiligen – ein schöner Versuch, der auch ganz gut gelungen ist. J.J. Bola schreibt sehr nachvollziehbar über seine eigenen Erfahrungen als Heranwachsender in London, der durch seinen kulturellen Hintergrund auch andere Erfahrungen von Männlichkeit gemacht hat. Dabei lässt er immer wieder allgemeine Themen und Fakten mit einfließen, die den Lesenden die Augen öffnen sollen. Die Emotionslosigkeit, zu der schon Jungs erzogen werden, die hohe Selbstmordrate bei jungen Männern, die extrem hohe Dunkelziffer von Männern als Opfer häuslicher Gewalt. Er stellt dar, dass all das zusammenhängt, und wie wichtig es ist, dass wir als Gesellschaft daran arbeiten. Ich fand das Buch ganz ok, habe aber mehr erwartet. Besser aufbereitete Fakten oder mehr Persönliches. So blieb das Buch irgendwie zwischen allem stehen und hat mich nicht so richtig gepackt.

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Das Jahr magischen Denkens – Joan Didion

Ich habe zuletzt eine Doku auf Netflix über Joan Didion gesehen und freute mich nun, endlich auch etwas von ihr zu lesen. Auch wenn ich wusste, dass das hier keine leichte Lektüre werden würde. Das Buch ist kein Roman, sondern Joan Didions Aufzeichnungen und Gedanken nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes. Sie setzt sich darin intensiv mit Leid und Trauer auseinander. Mit ihren Ängsten, Erwartungen und überraschenden Bedürfnissen, die sie innerhalb eines Jahres danach durchlebt. Das ist nicht in allen Teilen nachvollziehbar, weil gleichzeitig auch ihre Tochter an einer schlimmen Krankheit leidet und sie sich um sie kümmert. Trotzdem: Das Buch ist eine intellektuelle Auseinandersetzung mit Trauer, die mich gefordert und auf vielen Ebenen abgeholt hat und die ich auch immer wieder für kurze Zeit weglegen musste. Vielleicht eher für die verkopften Leute unter uns, die sich nüchtern und nicht allzu emotional mit dem Thema beschäftigen wollen. Ich muss unbedingt mal einen Roman von Didion versuchen!

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Abhängigkeit – Tove Ditlevsen

Jetzt habe ich es auch endlich zum dritten Buch aus Tove Ditlevsens Kopenhagen-Triologie geschafft. Die ersten beiden, tipptopp, erzählten in kurzen, präzisen Worten die Geschichte ihrer Kindheit und Jugend. In „Abhängigkeit“ macht sie mit demselben Stil weiter, allerdings ist sie jetzt erwachsen, heiratet mehrere Male, bekommt Kinder und fällt in eine Sucht, die sie fast ihr Leben kostet. (Und später dann auch kosten wird.) Speziell das Thema ist es, das mich ein wenig aus dem Buch herausgebracht hat. Suchtgeschichten kann ich nicht gut nachvollziehen, die geben mir nichts. Die Story war zwar noch immer biografisch, aber eben nicht so universell wie die vorigen beiden Bücher. Die Kopenhagener Studentenszene der 1940er, die Besetzung durch die Nazis, die Arbeit an ihren Büchern – das kommt alles nur am Rand vor, während Tove sich Beruhigungsmittel spritzen lässt. Das war für mich jetzt nicht so spannend, mir hat die Alltäglichkeit der vorigen Bücher gefehlt – die Buchreihe an sich empfehle ich aber trotzdem.

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