Meine Sommerbücher fühlen sich nur ein bisschen nach Sommer an. Ein bisschen Pamplona und ein bisschen Strand ist dabei, aber viel besser haben mir die ungemütlichen Bücher gefallen, die Themen behandeln, bei denen ich mich nicht so gut auskenne. Nightbitch kommt bald auch auf Deutsch, so lange konnte ich aber nicht warten.
The Sun also rises – Ernest Hemingway (Fiesta)
Vor fast genau einem Monat war ich im Urlaub im Norden von Spanien und dort auch einen Tag in Pamplona. Die Stadt ist für zwei Sachen bekannt: zum einen für das Fest Sanfermines, bei dem Menschen mit Stieren durch die engen Straßen laufen, zum anderen, dass Ernest Hemingway vor langer Zeit dort war und in „The Sun also rises“ genau darüber geschrieben hat. Ich mag Reisebücher und alles, was im Buch während des Festes spielt, fand ich spannend. Leider dauert es aber laaaaange, bis wir dahin kommen, und müssen uns so lange mit einer Gruppe unglaublich nerviger Figuren herumschlagen. Erst hängen sie in Paris rum und machen nichts außer viel trinken und in Cafés sitzen, dann reisen sie herum und warten andauernd irgendwo aufeinander. Brett, die Lady der Gruppe, in die irgendwie alle verliebt sind, war 1926 bestimmt supercool und super ungebunden, springt aber eigentlich nur von Mann zu Mann, weil sie mit sich selbst nicht klarkommt. Long Story short: Der Roman ist bestimmt ein wichtiger Klassiker und hat die Literatur revolutioniert, fast 100 Jahre später hat er mich aber viel gelangweilt.
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Beach Read – Emily Henry
Offenbar lesen im englischsprachigen Bookstagram und auf Booktok gerade alle Emily Henry. Auch die Leser:innen, die sonst nicht so viel mit Romance anfangen können – so wie ich. Aber da ich ja hin und wieder gerne meine Nase in andere Genres stecke, wollte ich das jetzt mal probieren. Die Story ist ein bisschen meta: January ist eine erfolgreiche Autorin von Romance, ihr Nachbar im Ferienhaus Augustus schreibt große amerikanische Literatur, und weil beide gerade unter Schreibblockaden leiden, tauschen sie die Genres. Dabei wird dann viel diskutiert, warum das eine belächelte „Frauenliteratur“ ist und das andere Preise gewinnt, was harte Recherche ist und was süße Dates. Ach so, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass Augustus superhot ist und voller Geheimnisse steckt? Haha. Theoretisch hat mir die Idee gefallen, das es hier um die Dekonstruktion des Genres geht und gleichzeitig um die Liebe dazu, und Klischees daher bewusst angesprochen werden. Praktisch fand ich das alles aber viel zu oberflächlich. Da wird viel erzählt und nichts gesagt. Und auch die Stilmittel sind dann doch dieselben: die lustigen Wortgefechte, die viel zu blumige Sprache, das klassische Beziehungsmodell. Ich fand‘s nur selten lustig und oft langweilig. Meh.
Idol in Flammen – Rin Usami
{Presseexemplar} In Japan bestimmen Boy- und Girlbands die Jugendkultur. Deren Mitglieder werden als Idols bezeichnet, gecastet und Fans verfolgen ihren Werdegang in TV-Shows, auf Konzerten und auf Social Media. „Idol in Flammen“ beschäftigt sich mit dieser Fanbeziehung aus Sicht der Teenagerin Akari, deren ganzer Alltag sich darum dreht, ihr Idol Masaki zu unterstützen. Besonders jetzt, da es ihm durch einen Skandal schlecht geht. Blendet sie dadurch immer mehr die Realität aus und verschuldet sich? Oder gibt ihr das eine Community in einer schweren Zeit in ihrem Leben? Ich mag, dass das Buch nicht wertet. Auch macht Akari das alles nicht, weil sie sich erträumt, Masakis Girlfriend zu sein. „Aber ich finde, dass in der Distanz, die durch einen Handy- oder Fernsehbildschirm entsteht, etwas Rücksichtsvolles und Tolerantes liegt. Unsere Beziehung wird niemals durch irgendetwas, das wir sagen, enger, sie geht aber auch nicht kaputt, weil ich etwas falsch mache.“ Es ist ein schönes, schnelles Buch, dass mich mit in eine Fan-Welt genommen hat, die ich selbst so nie erlebt habe. Es zeigt auf fast zärtliche Art, wie Fan-Sein einen auffängt, wenn es in der realen Welt gerade nicht so gut läuft. „Die Anwesenheit einer Person auf eine gewisse, immer gleiche Entfernung zu spüren, kann meiner Meinung nach ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Aber vor allem fühle ich mich am glücklichsten, wenn ich mein Idol anhimmele, wenn ich ihm alles gebe, wenn ich ganz darin aufgehe, selbst wenn die Beziehung völlig einseitig ist.“
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Nightbitch – Rachel Yoder
Bücher müssen nicht perfekt sein, um richtig viel Spaß zu machen. So wie das hier. Es ist ein seltsames Buch, aber gerade deshalb habe ich es sehr gemocht. Es ist wild, es ist kantig, es versucht gar nicht, eine „normale“ Geschichte zu erzählen. Wir folgen darin der namenlosen Mutter, die so, so müde ist. Weil sie sich um ein Kleinkind kümmert, das nicht schläft, weil sie einen Partner hat, der sie nur am Wochenende unterstützen kann und es dann nicht mal tut, weil sie zweifelt, ob ihre Entscheidungen im Leben die Richtigen waren. Als Konsequenz aus all dem, verwandelt sie sich in einen Hund. Langsam. Eine Nightbitch, die frei ist und glücklich und endlich wieder sich selbst fühlen kann. Die Handlung hakt hier und da ein bisschen, aber das hat mir gar nichts ausgemacht. Ich will jetzt mehr seltsame Bücher lesen und nervige Menschen anbellen. (TW aber: Gewalt an Tieren) Das Buch erscheint übrigens bald auf Deutsch.
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Das Ende der Ehe – Emilia Roig
Das ist ein wütendes Buch. Es möchte nicht mehr reden, sondern endlich handeln. Und dafür nimmt es sich die große Institution vor und beschuldigt sie, uns alle zurückzuhalten. Die Ehe als patriarchales System – Das geht auch an alle, die sich darin gleichberechtigt fühlen, auch an alle, die darin glücklich sind. Die Ehe soll enden. Auch wenn ich nicht immer einer Meinung mit der Autorin bin, hat mich ihre Argumentation wieder und wieder mitgenommen. Ist der Wunsch nach Ehe und Kindern der ultimative Wunsch, weil wir keine anderen Narrative und „Ziele“ in Bezug auf Liebe kennen? Warum sprechen wir so dringlich über die Gehaltslücke, wenn die Steuer- und Vermögenslücke in die Ehe eingebaut ist? Aber auch: Wenn Geschlecht, Ehe, Heterosexualität etc. so natürlich sind, warum muss dann so viel Energie aufgewendet werden, um diese zu erhalten? Ich bin mir nicht sicher, ob es die großen Exkurse zu Gender, Beziehungsmodellen etc. gebraucht hat, vielleicht wäre das Buch fokussierter noch besser auf den Punkt gekommen. Trotzdem: Hier wird einiges durchgewirbelt und das habe ich gerne gelesen.
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Frank Goosen über The Beatles – Frank Goosen
„Gib mir kein Geld. Gib mir lieber ein paar Platten für meinen Jungen.“ Ich habe mir mal wieder ein Buch aus der Musikbibliothek von Kiwi gegriffen. Diesmal bin ich nicht nur nach Liverpool gereist, sondern auch ins Ruhrgebiet. Frank Goosen sitzt da als Kind und Teenager mit seinen Platten und startet seine Fanliebe. Da wird auf dem Schulhof diskutiert, über Texte gerätselt und Soloplatten analysiert. Da fährt er als erwachsener Mann mit seiner Familie nach Liverpool und startet einen kleinen Wettkampf mit einem Tourguide. Am Ende spürt man wieder die Musikliebe in jeder Zeile. Trotzdem hat mir hier ein wenig das „mehr“ gefehlt, für die ich die Reihe sonst so schätze. Kann man gut lesen, ist aber sicher für Beatles-Liebhaber:innen interessanter.
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