#köln2204

Die Woche ist vorbei, wir haben es geschafft. Ein langes Wochenende (fast) ohne Termine liegt vor mir, eine ereignisreiche Woche liegt hinter mir. Vielleicht das Wichtigste: Die AFD zieht wieder aus dem Maritim-Hotel aus und Köln verabschiedet sich vom „Ausnahmezustand“. Bevor ich darüber schreiben konnte, musste ich erstmal meine Eindrücke verarbeiten.


Was wurde nicht wild gewarnt vor den Demonstrationen. Gefährlich sollte es werden; Krawall und Gewalt in den Straßen. Den Eindruck hätte man auch haben können, wenn man währenddessen auf Twitter falsch rechts abgebogen ist. Wer tatsächlich dort war, hatte Karneval. Auf meine Frage ein paar Tage vorher, wer denn mit zur Demo kommt, höre ich wie leider so oft nicht nur schweigen, sondern auch fast sowas wie Sorge. Aber seien wir mal ehrlich: ich bin enttäuscht, dass so wenige da waren.



Das Wetter war grau, nieselig und kalt, und da passt es eben auch schön, wenn man an dem Tag krank, müde oder voll ausgebucht ist. Dem Rechtsruck mit Sorge entgegen sehen und den Kopf schütteln ist einfacher als tatsächlich vor die Tür zu gehen. Bei kleinen Demos wie damals gegen Pegida oder sonst was frage ich schon gar nicht mehr – auch ich schaffe es da nicht auf jede einzelne. Aber am 22.04.? 50.000 Leute erwartet? Auch da regt sich nicht das Gefühl, dass man sich dort auch zeigen sollte? Ist das Desinteresse oder Faulheit, oder seid ihr wirklich in der wunderbaren Situation, dass ihr noch nie auf eine Demo gehen musstet? Privilegien sind doch etwas Feines. Sie machen alles so schön warm und weich, solange sie da sind.

Für alle Menschen, die sich tatsächlich noch vor Demos fürchten – so war das am Samstag in Köln
Ganz früh morgens haben sich die in „bösen Demonstranten“ zu Blockaden getroffen. Das muss übrigens nicht gewalttätig und brutal sein. Und, Überraschung, war es auch nicht. Ich kann zu diesen Blockaden aber nichts Subjektives sagen, denn ich war nicht da. Und ich habe auch meine Gründe, dass nicht per se zu verteufeln. Das ist aber nicht das Thema.



Für mich ging es um 10:30 Uhr los. Zu dieser Zeit konnte ich völlig bedenkenlos vom Neumarkt Richtung Heumarkt laufen. Da standen Polizisten und Demonstranten friedlich nebeneinander und niemand hat randaliert. Auf dem Heumarkt standen schon eine Menge Leute jeden Alters, Farbe und Motivation. Wir haben Kaffee getrunken und uns unterhalten. Im Laufe des Vormittags ist der erste Demozug von „Köln gegen Rechts“ losgezogen und nach und nach sind immer mehr Leute zum Heumarkt gekommen, haben sich das Programm auf der kleinen Bühne angeschaut und das war’s auch schon. Denn auf einer normalen Demo rennt man nicht, man schlägt nicht wild aufeinander und brüllt auch nicht herum. Das erinnert sogar mehr an ein großes Straßenfest. Ich sah: Familie mit Kindern, kichernde Teenie Gruppen, Karnevals-verkleidete Menschen, verschiedene Gruppierungen mit vielen Schildern, Fressbuden. Irgendwann kam doch die Sonne raus und es wurde viel gelacht.

Davor muss man keine Angst haben, das macht aber auch nicht viel mehr Spaß als zu Hause auf der Couch zu liegen und Netflix zu gucken. Trotzdem ist es eine verdammte Pflicht, sich für ein paar Stunden dahin zu stellen. „Aber ich habe Kinder“, dann sei ein Vorbild. „Aber einer mehr oder weniger ist doch egal“, nicht wenn das 1000 Leute denken. „Aber ich war gestern feiern«, fuck you.


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