Gelesen im Juli

Eine Woche Urlaub und ein paar Tage krank im Bett – da sollte man ja eigentlich so einiges gelesen bekommen. Irgendwie wird mein ToRead-Stapel aber nicht kleiner…


Buchtipps Juli 1


Patti Smith: M Train
Ich mochte ihr Buch “Just Kids” sehr. Jetzt ist “M Train” erschienen und gleich wieder ein Buchtipp wert! Wir begleiten Patti in M Train durch ein Jahr in ihrem seltsamen Leben inklusive Traumsequenzen und Stream of Conciousness. Man möchte nach dem Lesen mit ihr schwarzen Kaffee trinken, Geheimgesellschaften gründen, das Leben verändernde Bücher lesen, Häuser kaufen und an die urigsten Plätze der Welt reisen.


F. Scott Fitzgerald: The Curious Case of Benjamin Button
Na ja, gut. Ein Buch ist das nicht, sondern eine Kurzgeschichte oder eine Novelle. Der gleichnamige Film ist ja bekannt und bei weitem nicht einer meiner liebsten (außer die Szene mit Brat Pitt auf dem Motorrad natürlich). Die kurze Geschichte von Fitzgerald ist aber anders und für eine kleine Auszeit am Wochenende ganz wunderbar. In kurzen Abschnitten folgen wir Benjamin Button und seiner Familie. Als er auf die Welt kommt, ist er Mitte 70 und ein wenig fehl am Platz in seinem Kinderbett. Ab dann altert er nicht, sondern wird jedes Jahr jünger, was zu seltsamen Szenen mit z.B. Familienmitgliedern und Frauen führt. “The Curious Case” ist ein schönes kleines Gedankenexperiment. Fitzgerald kann sowieso kaum etwas falsch machen.


Phoene Gloeckner: Diary of a Teenage Girl
Ich habe lange auf das Buch gewartet, weil man es einfach nicht mehr zu einem vernünftigen Preis kaufen konnte. Eine “Revised Version” gibt es jetzt wieder, auf die ich hier auch verlinken werde. Auf das “Diary of a Teenage Girl” bin ich durch einen Trailer des gleichnamigen Films aufmerkam geworden. Das Konzept des Buches, ein Memoir eines Teenager-Mädchens in den 1970er Jahren in San Francisco, das aus Text und Comics besteht. Ich mochte die Mischung und hatte eine leichte Coming-of-age-Geschichte erwartet. Da lag ich falsch! Minnie ist 14 Jahre alt, als sie eine Affäre mit dem 35-jährigen Freund ihrer Mutter beginnt. Ab da schlägt die Pubertät zu und Minnie muss herausfinden, wer sie ist. Das Bemerkenswerte an dem Buch ist, dass es nicht urteilt. In der Form eines Tagebuchs geschrieben, folgen wir ihr bei intimen Gedanken, Gefühlsausbrüchen und Problemen. Das Buch bricht mit Erwartungen, weil es sich von dem vertrauten voyeuristischen Blick fern hält, der sich sonst über solche Geschichten legt. Ich habe selten ein so ehrliches und komplexes Buch gelesen, das es vermeidet, Menschen in böse und gut einzuteilen. Volle 5 Sterne gibt es trotzdem nicht, denn a) ist so ein Teenager-Leben in großen Teilen wirklich nicht das spannendste, auch wenn man das in dem Alter gerne glaubt, und b) ist Minnies Geschichte nun wirklich keine, in der man sich so einfach wiederfindet.


Buchtipps Juli 2



Charlotte Bronte: Jane Eyre

Ein bisschen peinlich, dass ich diesen Klassiker bisher noch nie in einem Schwung gelesen hatte. Und als ich diese wunderschöne Neuübersetzung gesehen habe, musste ich einfach noch mal ran. Was für eine Geschichte! Auch wenn das Buch mittlerweile rund 150 Jahre alt ist, hat es mich vollkommen aufgesogen. Jane ist die Frau, die man gerne wäre. Die alles durchsteht, sich nichts gefallen lässt und immer ihre eigene Meinung vertritt. Wir begleiten sie im Buch auf mehreren Stationen ihres Lebens: als verstoßenes Pflegekind in einer reichen Familie, arme Schülerin in einem Internat und schließlich als Hauslehrerin in einem Anwesen, bei dem sie sich in ihren Arbeitgeber Mr. Rochester verliebt. (Diese Plot-Points sind klar, auf weitere Stationen werde ich wegen Spoilern nicht eingehen) Jane Eyre ist wahrscheinlich eine der klassischsten Liebesgeschichten in der Literaturgeschichte, und zu unrecht verbinden viele damit seichte, schnulzige “Frauenliteratur”. Immer wieder geht es im Buch um die von der Gesellschaft definierten Rollen der sozialen Klassen und die von Männern und Frauen. Gleichberechtigung (in beiden Fällen) ist ein zentrales Thema, denn Jane hinterfragt immer wieder die Erwartungen, die an sie gestellt werden und entscheidet sich für Eigenverantwortung und Selbstständigkeit. Ein wunderbares Buch, das besser wird, je länger ich darüber nachdenke.


Serial Podcast
Passt hier nicht so ganz rein, und trotzdem packe ich es dazu. Serial ist eine amerikanische Podcast-Serie. Mittlerweile in der zweiten Staffel (die ich noch nicht angefangen habe, weil ich alles in einem Schwung hören möchte). Im Zuge des True-Crime-Trends geht es in der ersten Staffel um einen realen Mordfall aus 1999, für den ein Teenager verurteilt wurde, der aber bis heute bestreitet, etwas damit zu tun zu haben. Die investigative Journalistin Sarah Koenig recherchiert nach, schaut sich die Beweise noch einmal genau an und führt Interviews mit allen Beteiligten. Tatsächlich ist vieles an dem Fall seltsam. Sie schlägt sich aber auf keine Seite, wodurch man auch als Hörer von Folge zu Folge unentschlossen ist, was nun passiert ist. Mich würde mal interessieren, was ein erfahrener Krimi-Leser davon hält, denn das ist normalerweise überhaupt nicht mein Genre.


Joanne K. Rowling: Harry Potter und der Stein der Weisen
Jaaaaaaa, das musste mal wieder sein. Das neue Buch ist schon erschienen, aber ich lasse mir Zeit und warte erstmal ab, ob alle enttäuscht schreien oder es lieben. Harry Potter zu lesen ist ein bisschen, wie an einen Ort zurückzukehren, an dem man früher mit seinen Eltern Urlaub gemacht hat: Kennt man alles noch, ist aber auch irgendwie anders. Trotzdem schön, mein kleiner Lese-Urlaub. Über die Handlung muss ich ja wohl nicht viel erzählen. Ich kann aber berichten, dass ich gerade eine Bekannte dazu gebracht habe, die Serie das erste Mal überhaupt zu lesen und sie daraufhin nicht nur alle Bücher in einem Rutsch gelesen hat, sondern auch noch behauptet, dass sie ja schon immer ein Fan war. Haha. Die Bücher funktionieren also immer. Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich das Buch als Beispiel in meiner Diplom-Prüfung über Storyaufbau besprochen habe? Man kann es als einfaches Kinderbuch lesen, oder wie bei einer Zwiebel Schicht um Schicht abtragen, um an die mehr oder weniger versteckten Strukturen, griechischen Mythologien, Archetypen und Wortspiele zu kommen. Ich erzähle weiter, wenn ich die nächsten Bücher gelesen habe.


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