Wie ich einmal ein Taylor Swift Konzert besuchte…

Wo bin ich hier nur rein geraten… Während die Hälfte der Kölner Richtung Jahnwiesen zieht oder ihre Fenster weit öffnet, um AC/DC live zu hören, mache ich mich auf zur Lanxess Arena. Auf dem Weg treffe ich Teenies und ihre eifrigen Eltern, die genauso aufgeregt die selbst gebastelten, LED-verzierten Pappschilder ihrer Sprösslinge tragen. Ich zweifle an dieser Stelle noch ein bisschen, ob mein Ja zu Taylor Swift heute so eine gute Idee war.

Lasst mich dazu sagen, dass ich nie ein “Teenie-Fan” war. Ich hatte keine Take-That-Poster und auch die Seiten in der Bravo mit den Backstreet Boys oder wie die alle hießen, habe ich immer überblättert. Meine einzige ernste Fan-Phase war vielleicht den Ärzten gewidmet. Trotzdem wollte ich nie Bela heiraten oder mit Farin durchbrennen, ich wollte lediglich so verdammt cool und rocknroll sein. Nunja, hat super funktioniert, nun ist es Freitag und ich gucke mit alleine Taylor Swift in der Lanxess Arena an.

Angefangen hat sie als US-amerikanisches Country-Sternchen – mittlerweile ist sie siebenfache Grammy-Gewinnerin. 30 Millionen Albumverkäufe, 80 Millionen Song-Downloads, alles was geht auf Platz 1. Ach ja, und die jüngste Frau, die vom Billboard Magazin als Woman of the Year ausgezeichnet wurde. Puh.

Mittlerweile ist passiert, was bei Kinderstars immer passiert: Die Frau ist erwachsen geworden. Ihre Emanzipation heißt Pop – ihr aktuelles Album „1989“ ist genau das. Im Gegensatz zu ihrer Kollegin Miley bleibt die Zunge aber drin und die Bluse zu. Bei Taylor Swift geht es nicht um Sex, sondern um Romantik und Freundschaft und “Wir schaffen alles zusammen”. Dementsprechend jung ist ihre Zielgruppe. Kinder rennen aufgeregt durch die Gänge und werden von ihren Eltern fotografiert. Teenie-Mädchen ziehen sich gegenseitig den Lidstrich nach. Ein besonderer Abend auch für die Eltern, die ihre Kinder auf ihr erstes Konzert begleiten.

Taylor Swift ist eine sehr nette Frau, die Musik für nette Menschen macht. Das beweisen mir die Fans schon, als ich die Lanxess Arena betrete: Nach 2 Sekunden Platzsuche im Dunkeln springen sofort zwei Mädchen auf und helfen mir, meinen Platz zu finden. Nett.

Bevor es mit der Show richtig losgeht, zeigt uns die Dame, was Entertainment ist – davon können sich einige Live-Acts in Deutschland noch eine Scheibe abschneiden:
1. Großartiger Support, über den ich mich wahnsinnig freue: James Bay spielt das Kontrastprogramm zum heutigen Abend. Mit kleiner, schrammeliger Band auf der großen Bühne. Ganz, ganz toll.
James Bay @Taylor Swift Köln 2015
2. Während des Umbaus gibt es Videos auf der Leinwand: Outtakes von den Dreharbeiten, Interviews mit Taylor, tanzende Fans, ein bisschen Werbung für dies und das.
3. Ganz amerikanisch zeigt die Arena-Kamera auch noch live ausgewählte Fans aus der Halle, die ihre Schilder und Verkleidungen vorzeigen. Die kommen z.B. aus Ungarn und den USA, haben sich aufwendig vorbereitet oder begrüßen ihre Taylor in Köln, Deutschland und ihrem Herzen. Mit LED-Blinkelichtern.
4. Kurz bevor die Show losgeht, kommt Taylor Swift an der Seite sogar noch mal kurz raus und begrüßt ein paar Fans. Das kriegen gar nicht alle mit.
5. Armbänder! Die bekommen alle Fans am Eingang. Und die leuchten später im Takt der Musik in verschiedenen Farben und sorgen für die richtige Atmosphäre. Das sieht dann in Blau zum Beispiel so aus:
(FOTO)

Taylor Swift Köln 2015

Die ganze Show ist darauf ausgelegt, dass das hier für alle ein toller Abend wird. Mit „Welcome to New York“ springt Taylor auf die Bühne, bei „Blank Space“ gibt es schon den ersten kleinen Kostümwechsel. Das ist natürlich alles durchchoreographiert, aber nicht perfekter Plastikpop. Auch Taylor Swift ist nicht perfekt: Es gibt Sängerinnen mit kräftigerer Stimme und sicher auch ausdrucksstärkere Tänzerinnen. Auch “sexy” wirkt sie immer ein bisschen unbeholfen. Aber das alles macht sie sympathisch.

Wichtiger als alle Perfektion ist bei Taylor Swift die Nähe zu ihren Fans: Der Laufsteg durch die ganze Arena bewirkt, dass sie allen Zuschauern mal etwas näher kommt, die Einspieler während der Kostümwechsel erzählen von Freundschaft, immer wieder begrüßt sie die Fans mit überraschend gutem Deutsch. “I want to thank you for being my internetfriends,” sagt sie zu ihren 15.000 Freundinnen. “We see each other online.”

Taylor Swift Köln 2015

Noch besser wird die Show, wenn Taylor sich selbst die Gitarre umschnallt oder sich vor das seltsam alienartige Klavir setzt, bei „I Know Places“, „Love Story“ oder „Style“ zum Beispiel. Bei “Bad Blood” sehen die Tänzer toll aus! Danach gibt es noch eine E-Gitarren-Rockversion von „Wildest Dreams“ – komplett mit “Seven Nation Army”-Video im Hintergrund. Jack White, ick hör dir trapsen. Produziert der nicht gerade wie wild Country-Bands?

Die Videos während der Kostümwechsel sind dann aber schon ein bisschen peinlich – oder ich aus der Beste-Freundin-Phase raus. Darin erzählen berühmte Freundinnen, wie toll Taylor ist, wie super Mädchenfreundschaften sind und wie gerne Taylor Katzen mag. Die ganze Halle kreischt bei Selena Gomez und Cara Delevingne, dafür kennt leider keiner Lena Dunham oder die Haim-Mädels.

Am Ende hatte ich einen super Abend – auch wenn meine Twitter-Timeline danach von AC/DC-Lobgesängen überläuft.
Alles egal. Haters gonna hate, hate, hate, hate, hate.

Taylor Swift Köln Shake it off

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