Gelesen im Januar 2020

Willkommen, neues Lesejahr. Alles auf Anfang, alles neu – und wie jedes Jahr nehme ich mir vor, den Stapel der ungelesenen Bücher ein bisschen zu verkleinern. Was noch? Mit einem Leseziel von 52 Büchern pro Jahr bin ich bisher immer gut gefahren, das behalte ich bei. Außerdem möchte ich auch wie im letzten Jahr pro Monat ein Sachbuch lesen und mal wieder ein paar Klassiker auffrischen. Vielleicht auch mal wieder alte Lieblings auf die Probe stellen – halten sie den Platz in meinem Herzen oder sollten sie langsam anderen Büchern weichen? Im Januar habe ich schon mal von allem ein wenig untergebracht.

Stoner – John Williams

Hach, mein erstes Buch 2020. Ich starte mit einem modernen Klassiker (ursprünglich ist das Buch von 1965). Ich mochte besonders den ruhigen Erzählstil, der mich sehr an Nabokov erinnert hat. Wir folgen im Buch William Stoner von seiner Kindheit bis zu seinem Tod. Anstatt wie sein Vater Landwirt zu werden, verliebt sich William auf der Uni in die Literatur und unterrichtet ab dann Englisch. Danach geht es mehr und weniger unspektakulär weiter: Hochzeit, Kind, weiterleben. Das hört sich nicht aufregend an, ist es im großen und ganzen auch nicht, stattdessen durchlebt William einige Enttäuschungen, die wahrscheinlich jeder von uns auch aus dem eigenen Leben kennt. Wie sehr haben mich hier Figuren aufgeregt. Besonders zwei Figuren, die so viel Kraft ziehen, dass es beim Lesen schon fast unerträglich ist! Trotzdem ist das Buch nicht traurig, eher melancholisch, eine tröstende Einsamkeit. Es ist ein Buch über eine ganz normale Figur, die trotzdem eine liebenswerte Geschichte zu erzählen hat. „In seinem 43. Jahr erfuhr William Stoner, … dass jene Person, die man zu Beginn liebt, nicht jene Person ist, die man am Ende liebt. Dass Liebe kein Ziel, sondern der Beginn eines Prozesses ist, durch den ein Mensch versucht einen anderen kennen zu lernen.“ Das Ende war hart für mich, so traurig und detailliert – das musste ich erstmal verarbeiten.
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Und es schmilzt – Lize Spit

Das Buch ist nicht nur lang, es fühlt sich auch so an. Alles zieht sich, weil es von Anfang an klar ist, dass man auf ein Ereignis hin liest; etwas Großes und Wichtiges, das geschehen ist. Als ich nach hunderten Seiten endlich an diese Stelle(n) komme, soll ich wohl schwer geschockt sein, stattdessen bin ich sauer und fühle mich manipuliert. Über das ganze Buch hinweg geht es um Demütigung und Gewalt, der Gipfel dazu ist dann so ausgeschmückt, dass da kein Mitgefühl beim Lesen aufkommt, sondern fast Freude, dass es endlich so weit ist. Im Endeffekt ist das Buch nichts anderes als eine lange Tratschgeschichte der Fleischerfrau, die für den Effekt alles ellenlang ausschmückt. Dabei hätte es ohne dieses konstruierte Ereignis am Ende ein gutes Buch sein können. Die Autorin schreibt ruhig und angenehm – man hat schnell Interesse an den Figuren, wenn auch wenig Sympathie. Triggerwarnung für so ziemlich alles.
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We are Feminists

{Presseexemplar} „Eine kurze Geschichte der Frauenrechte“ heißt es im Untertitel und ja, so viel mehr gibt es dazu auch nicht zu schreiben. Auf knapp 120 Seiten werden hier die drei Wellen des Feminismus knapp erklärt und dann mit allerlei bunten Hintergrundinfos aufbereitet: eine zeitliche Einordnung, wichtige Personen mit Zitaten, Bildern und Infografiken. Trocken wird die Lektüre so nicht, aber eben auch nicht weitreichend. Da jegliche Literaturhinweise fehlen, muss man schon auf die Suche gehen, wenn man sich in ein Thema tiefer hineinlesen möchte. Fazit: nettes Büchlein, das sich vielleicht doch eher an Personen richtet, die sich mit dem Thema schon auskennen und einen schön anzuschauenden Überblick suchen.
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Homo Deus – Yuval Noah Harari

Eine Geschichte von Morgen also, eine Zukunftsversion, in der Algorithmen und Daten die Herrschaft übernehmen und die Menschheit, wie wir sie kennen, unnütz zu werden droht. Der Homo Deus ist die nächste Evolutionsstufe. Das sind ein paar Wenige (Reiche), die sich technikverstärkt körperlich und geistig weiterentwickeln und den Rest von uns hinter sich lassen werden. Die Prämisse klingt spannend. Aber dann lese ich und lese und lese, und frage mich auf hunderten Seiten, worauf der Autor hinaus will und was das eigentlich mit der Zukunft zu tun hat. Das war anstrengend und vieles auch zu reißerisch für meinen Geschmack. Wenn es dann endlich um die Zukunftstheorie geht und wie wir mit Daten und KI wachsen können, ist das tatsächlich spannend. Mit 300 Seiten weniger hätte mir das Buch aber viel besser gefallen.
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Flexen: Flâneusen* schreiben Städte – Özlem Özgül Dündar (Hrsg)

Ein Buch mit einem tollem Konzept: Ein Buch voller Kurzgeschichten über das Spazieren und Flanieren. Geschrieben fast ausschließlich von Frauen, bei denen das Draußen sein schon eine kleine Revolution darstellt. Entweder, weil es in ihrer Gegend zu gefährlich ist, nicht gerne gesehen wird oder sie sonst einer Minderheit angehören. Das Spazierengehen wird zu einem Gesehenwerden, einem Sich-Zeigen. So weit, so gut. Es ist ein tolles Buch – nur leider bin ich noch immer nicht die Kurzgeschichten-Leserin. Ich komme da nicht rein, und wenn ich eine Geschichte besonders mag, bin ich enttäuscht, dass sie so schnell zu Ende ist. Wer aber solche Sammlungen mag, sollte hier zugreifen. Besonders mochte ich „Brausen Schrägstrich Abspülen“ von Anke Stelling, „Wie man eine Stadt erobert“ von Julia Lauter und „Flirren“ von Mia Göhring.
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Blade Runner – Philip K. Dick

Ich habe ja eine kleine Schwäche für alte SciFi-Romane oder Filme, in denen Autor*innen sich unsere heutige Gegenwart vorstellen. Blade Runner spielt 1991 (in späteren Ausgaben 2021), da gibt es fliegende Autos, fast alle Tiere sind ausgestorben und die Menschen wandern auf den Mars aus. Trotzdem gibt es aber noch Röhrenfernseher und auch nur feststehende Videotelefone. Hach. Ich mag Blade Runner, weil das Buch so langsam ist, weil so viel darin nachgedacht wird. Und dann hauptsächlich über Themen, die heute in Zeiten von KI wieder relevanter werden. Was macht den Menschen zum Menschen? Ist es Intelligenz, Selbstbewusstsein, Empathie? Dazu gibt es eine kleine Kriminalgeschichte: Rick Deckard ist Kopfgeldjäger bei der Polizei und muss eine Gruppe geflohener Androiden wiederfinden. Read the classics!
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