Tocotronic

Tocotronic auf dem Open Source Festival

Vor vielen, vielen Jahren, ich war kaum ein Teenager, reichte mir jemand, an den ich mich nicht mehr erinnere, eine CD und ließ mich hören. Mit einem schweren, schleifenden Gitarrensound und den Worten „Ich weiß nicht, wieso ich euch so hasse, Fahrradfahrer dieser Stadt“ spielten sich die jungen Herren aus Hamburg in meine Jugend (und erweckten meine Liebe für gute Haare). Ein paar Alben später ließ ich die Band ziehen, schaute hier und da mal wieder vorbei, ließ sie aber erst letztes Jahr mit „Die Unendlichkeit“ zurück in meine Wohnung.

Live hatte ich Tocotronic noch nie gesehen, und so waren sie der eigentliche Grund, warum ich im Juli nach Düsseldorf zum Open Source Festival pilgerte. Die Helden deiner Jugend live sehen, das sagt sich so einfach, und deshalb musste ich das auch erstmal sacken lassen, bis ich hier darüber schreiben wollte.

 

 

Dass Tocotronic nicht die typischen Rock- oder Pop- oder was auch immer -Stars sind, versteht sich von selbst. Ich kann auch gut nachvollziehen, wenn Menschen mit ihrer Musik nichts anfangen können. Trotzdem müssen da genug Festival-Besucher gewesen sein, die Tocotronic als Headlines ganz nervös gemacht haben. Bevor es los ging, sammelte sich alles vor der Bühne und auf den Rängen und starrte gespannt den Sternen-Backdrop an. Hier sollte etwas Besonderes passieren.

 

 

Wenn man bei den ersten drei Songs im Fotograben steht, bekommt man meist gar nicht so viel mit. Hier aber was alles anders. „Die Unendlichkeit“ schwirrte über das Gelände und Tocotronic spielten sich hinein in die Menge. Bei „Electric Guitar“ musste ich die Kamera kurz weglegen und einfach zuschauen. Und spätestens bei „Let there be rock“ war das Publikum sich einig: Hier stimmte heute Abend alles.

Nach meinen Fotosongs musste ich mich aus dem Bühnenbereich herausarbeiten und nahm Anlauf auf die Tribüne. Wenn ich Tocotronic schon das erste Mal live sehen sollte, dann wollte ich das auch SEHEN. Und kaum war ich richtig angekommen, spielten sie auch die alten Töne. „Ich weiß nicht, warum ich euch so hasse“… Und die Sterne leuchteten und die Menge sang und ich grinste laut und breit und hielt mich an den Bänken fest.

 

 

Vielleicht war das nur für mich so groß, weil ich so, so lange darauf gewartet hatte. Als ich mich aber im Publikum umsah, waren da noch viele mehr, die sich an den Händen hielten oder mitsangen oder einfach nur gerührt zur Bühne starrten. Meinen Lieblingssong haben Tocotronic nicht gespielt, aber das war nicht schlimm. Dafür „Hey du“ und ich schwang das Tanzbein, dafür „Unwiederbringlich“ und ich schniefte leise vor mich hin, dafür „Letztes Jahr im Sommer“ und vielleicht waren da doch noch mal ein paar Teenager-Hormone. Gute Haare haben die Herren übrigens noch immer.

 


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