Hach, da wollte ich hier über die allerbesten Filme schreiben, und dann komme ich mit Soylent Green um die Ecke. Der Film ist nicht perfekt, bei Weitem nicht – und das sieht man schon daran, dass er in deutsch als Jahr 2022… die überleben wollen veröffentlicht wurde. Wow. Schlimm.
Trotzdem mag ich den Film. Düstere Zukunftsvisionen und Dystopien können, wenn Sie nicht grade von Emmerich produziert werden, sehr unterhaltsam sein. Besonders wenn sie aus 1973 stammen und uiuiui, das Jahr 2022 voraussagen.
Der Film beginnt mit einer wirklich tollen Fotocollage, die den Prozess zur dystopischen Welt von 2022 abbildet. Es geht um Umweltverschmutzung, Überpopulation, und den Verbrauch der natürlichen Ressourcen. Es leben 40 Millionen Menschen in New York und es ist so voll, dass es nicht mehr genug Wohnungen gibt. Die Ärmsten leben auf der Straße und in Hausfluren, wer Glück hat, teilt sich winzige Appertements. Auch mit der übrigen Versorgung sieht es schlecht aus. Nur die Reichen können sich noch frisches Wasser und echte Nahrung leisten – eine Schale Erdbeeren für 150$. Für den Rest gibt es synthetische Nahrung. Die neueste Entwicklung ist “Soylent Green” – konzentrierte Plättchen aus Algen, die jeden Dienstag razioniert an die Armen verteilt werden. Aber auch das ist knapp.
In dieser Situation spielt Charlton Heston den Polizisten Thorn, der einen Raubmord bei einem reichen Geschäftmann aufklären soll. Ja, es ist der “from my cold dead hands” Charlton Heston, nach Ben Hur und auch nach Planet der Affen. Und ja, es ist noch immer overacting deluxe! Großartig daneben ist aber sein steinalter Mitbewohner Sol (Edward G. Robinson), der ihm väterlich die Welt erklärt, wie er sie noch gesehen hat: Blumen, Wiesen, das Meer, Nahrung und Leben. Er bewahrt hunderte Bücher (was ihn natürlich gleich ungemein sympathisch macht) und schwelgt nostalgisch und verzweifelt in der Vergangenheit. Als Zuschauer nimmt man ihm das alles vollkommen ab. Als er an einer Stelle die Möglichkeit hat, ein Salatblatt zu essen, einen Luxus, den er schon seit Jahren nicht erleben durfte, kann man das Sehnen und das Blitzen in seinen Augen nachvollziehen, als hätte man selbst so lange darauf gewartet. Oooooh – Salat!
Grade diese Kleinigkeiten sind es, die den Film für mich so ansprechend machen. Die Mordgeschichte, die Thorn aufdecken soll, ist dagegen vollkommen nebensächlich. Die Story dümpelt vor sich hin und liefert nur das Gerüst für unterschiedliche Situationen und die Inszenierung der Welt: Wie leben die Reichen? Sie halten sich eine hübsche Frau als “Inventar”, die ein neuer Mieter gleich mit erwerben kann. (Wunderbar und rothaarig – Leigh Taylor-Young). Im Gegensatz zu den Armen haben sie Nahrung, Raum, fließenes Wasser! Es zeigt den Luxus auf, der für den Zuschauer heute selbstverständlich ist, und erinnert ihn daran, wenn auch nur für einen kurzen Moment, diese Dinge zu schätzen zu wissen.
Der Film endet erst traurig und dann dramatisch mit aller Schlagkraft des “unerwarteten Endes”. So sieht Thorn zwar keine toten Menschen, aber naja, man siehe selbst.
###SPOILER: Wobei es jetzt nicht so schwer war, dieses “schockierende Ende” vorauszusehen. Warum sollte der Film nach der Nahrung benannt sein, die kaum erwähnt wird, wenn es dann am Ende nicht die Ausweglosigkeit der Welt noch einmal auf die Spitze treibt? /SPOILER###
Soylent Green ist nicht wirklich Science Fiction – es ist eine dunkle Version einer Gesellschaft, die vollkommen abhängig von einem vom Staat gestüzten Konzern ist, der sie ernährt und ruhig hält. Der Film ist düster von Anfang bis Ende. Er stellt keinen Ausweg aus der Siuation dar, sondern warnt nur überzeichnet vor der Zukunft. Dabei ist die dargestellte Situation schon innerhalb des Films unlogisch. Der Film spielt in 2022 und Hestons Figur soll die alte Welt, wie Sol sie kannte und wie natürlich wir sie kennen, nie gesehen haben. Nur wie alt soll Heston denn in dem Film bitte sein? 40? Dann hätte die Zerstörung der Welt, die in der Fotocollage am Anfang über einen langen Zeitraumgezeigt wird, also in den 80ern stattgefunden? Die 80er sind wirklich an allem Schuld!
Soylent Green mag keine realitstische Zukunftsversion sein. Er ist umso lustiger, desto mehr man dem Film ansieht, dass er 1973 in die Kinos kam. Im Jahr 2022 gibt es noch immer die ikonischen 70er Frisuren, Einrichtungen, Klamotten…? Aber vielleicht ist das ja auch nur alles das typische Retro-Revival! Wenn man den Film nicht ernst nimmt, macht er Spaß. Also bitte.
Funfact: Ich glaube, es gibt sogar eine Soylent Green Simpsonsfolge. Die sollte ich mir dann doch noch einmal ansehen.
——————————————–
– Alle Bilder im Blog, die nicht durch FrauGrobitz.de-Marker gekennzeichnet sind, können bei Allposters.de erworben werden. Einfach auf das Bild klicken, und den Blog unterstützen.