Kate Tempest in der Kantine

Man sagt uns Kölner Konzertpublikum ja gerne nach, dass wir ungewöhnlich ruhig sind und dem Künstler auf der Bühne gerne intensiv zuhören. Das perfekte Publikum für Kate Tempest also – hier geht’s nicht um die Show, hier geht es um den Text. Mit einer Mischung aus Poetry Slam und Rap macht die Londonerin ganz besondere Musik. Gerade ist ihr drittes Album „The Book of Traps and Lessons“ erschienen.

 

Es ist zwar nicht ganz voll in der Kantine, aber das macht nichts. Um mich herum steht die bunteste Mischung aus Menschen, alle Farben, Formen und Zusammensetzungen. Es wird sich viel bei den Händen gehalten und anderen Leuten Platz gemacht. Ein Raum voller guter Leute, ich mag es hier.

 

 

Ganz ohne Vorband tritt Kate Tempest gegen halb neun auf die Bühne. Alles ist dunkel, das Bühnenbild ist sparsam. Zu Beginn spielt sie einige Songs ihrer letzten Alben. Die sind ein bisschen beatlastiger und gehen so schnell ineinander über, dass ich den Moment verpasse, an dem ich eigentlich mit dem Fotografieren aufhören muss. Erst etwas später meldet Kate sich das erste Mal richtig zu Wort und erklärt, dass sie gleich ihr neues Album performen wird – in einem durch, von vorne bis hinten, keine Pausen. Was sich bei anderen Künstlern langweilig und uninspiriert anhören mag, trifft hier auf Begeisterung. Kate Tempests Alben müssen in einem durchgehört werden, denn sie erzählen eine Geschichte.

 

 

Ganz anders als bei anderen Konzerten können wir Zuschauer auch kaum erwarten, diese Songs von neuen Album live zu hören. Schon beim ersten Song Thristy, wird alles hier in der Kantine noch leiser und die Leute hängen Kate an dem Lippen. Der Song scheint ungewohnt persönlich – fast eine Liebesgeschichte. Man drückt die Hände des anderen noch ein bisschen mehr.

 

 

Im Verlauf des Abend und damit auch des Albums ist das immer weniger Rap und immer mehr Spoken Word Performance. Kate predigt der Menge, klagt an, und ja, die Kölner sind so ruhig, dass man schon das kleinste Flüstern im Raum als störend wahrnimmt. Besonders bei Firesmoke, bei dem wir uns alle spontan verlieben in die Frau auf der Bühne. In ihre oberflächliche Unscheinbarkeit, in all die ehrlichen Worte.

 

 

Nach so viel Gesellschaftskritik und düsteren Blicken in die Zukunft, lässt uns Kate aber doch mit Zuversicht nach Hause. People’s Faces ist der Ietzte Song des Albums und damit auch des Abends. „I can feel things changing“ sagt sie da und bekommt mehr als einmal Zwischenapplaus. Mit stolzem Blick verlässt sie die Bühne und kommt dann doch noch mal kurz heraus, um sich zu bedanken und uns Bescheid zu geben, dass das alles war, was sie zu sagen hatte.

Nach so viel Zuhören und still stehen ist es dann auch fast überraschend, wie laut die Kölner mit ihrem Applaus doch sein können.

 



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