Sommer bei 26 Grad ist mein Sommer, egal was ihr sagt. Da kann ich sowohl im Park sitzen und lesen als auch am See oder im Freibad sitzen und lesen und sterbe auch nicht, wenn ich in der U-Bahn sitze und lese. Der Juli war nicht nur schön warm, sondern hatte auch viele sehr tolle Bücher für mich.

Wenn die Gondeln Trauer tragen – Daphne Du Maurier
Ihr habt meine Lektüre gewählt und es war eine gute Entscheidung! Vier Kurzgeschichten sind in diesem dünnen Buch versammelt, die alle ein bisschen schräg und sehr spannungsgeladen sind. (Obwohl die Erzählung ganz ruhig ist.) Aus der ersten Kurzgeschichte, „Don‘t look now“, ist der Film „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ entstanden. Die anderen Geschichten mag ich aber fast noch mehr. Was Du Maurier perfekt beherrscht, ist die Beschreibung der Welt, in der wir uns befinden, egal ob Venedig, eine griechische Insel oder eine futuristische Forschungsstation. Und auch wenn die Geschichten von 1971 sind (oder da veröffentlicht wurden), lesen sie sich wie moderne Storys. Nur mit den Enden hat Du Maurier es nicht immer so. Je spannender die Storys sind, desto enttäuschender ist manchmal die Auflösung. Empfehlen kann ich das Buch trotzdem sehr. Besonders allen, die nicht gleich mit „Rebecca“ anfangen wollen.
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Das Leben ist eines der Härtesten – Giulia Becker
Ich bin nicht so gut mit lustigen Büchern. Giulia Becker kann schreiben und Geschichten konstruieren – das auf jeden Fall. (And I love her anyway.) Aber für mich war das Buch trotzdem nichts. Alle Figuren sind mir ein bisschen zu naiv, haben zu lustige Eigenschaften: wenn Willi-Martin nervös wird, muss er niesen und dreht sich dabei im Kreis. Das ist lustig, aber nicht mehr, wenn es zum 15. Mal passiert. All die Ausflüge ins Tropical Islands, Homeshopping-Eskalationen und Restposten-Verkäufer sind mir ein bisschen zu sehr Frauentausch oder was es da sonst noch gibt. Das rutscht mir zu oft von lustiger Geschichte zu Lachen über die seltsamen Figuren, die sich nicht zu helfen wissen.
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Bowies Bücher – John O’Connell
{Presseexemplar} Ich habe euch letzten Monat auf Instagram schon mein neues Bowie-Poster gezeigt, das jetzt vor meinem Bett hängt. Hier ist auch endlich das Buch dazu: Ein paar Jahre vor seinem Tod hat David Bowie eine Liste mit Büchern zusammengestellt, die ihn beeinflusst, beeindruckt, bewegt haben. Die Bücher in dieser Liste stellt der Autor nun einzeln vor und verknüpft sie mit Stationen in Bowies Leben. Da waren so viele Bücher in der Liste, die ich schon gelesen habe oder noch lesen will. Ganz viele, auf die ich überhaupt keine Lust habe. Aber am meisten: interessante Bücher, von denen ich noch nie gehört habe. Weil es aber kein reines Tipp-Buch ist, lässt es sich wunderbar lesen und gibt einem sowohl ein Gefühl für Bowie als auch für jedes einzelne Buch. Tipp!
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Die Mauer – John Lanchester
Eine Geschichte aus einer dystopischen Zukunft, mal wieder, ich weiß. Es ist gruselig, wie vieles von heute auf das Setting hinarbeitet. Das Buch spielt in England, das hier komplett von einer hohen Mauer umgeben ist, um Flüchtende draußen zu halten. Als eine Art Wehrdienst müssen alle jungen Erwachsenen auf dieser Mauer wachen. Sie kämpfen, schießen, frieren und leiden, um alles Fremde draußen zu halten, während innerhalb des Landes ein ängstliches, „normales“ Leben weitergeht. Zusammen mit Joseph und seiner Kompanie entdecken wir das alles und noch viel mehr. Auch wenn ich „Die Mauer“ eher zu den Jugendbüchern zählen würde, mochte ich sehr, wie ruhig und langsam es ist und gerade nicht auf die typischen Klischee-Handlungsstränge setzt. Es gibt wenig bis keine Erklärungen, keine große Verschwörung oder Widerstandsgruppe. Das Ende, jaaaa, das werden viele nicht mögen. Ich schon. History repeating.
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Agentterrorist – Deniz Yücel
So sympathisch, so wichtig und direkt. Wer sich noch immer fragt, wie Diktaturen entstehen, hat leider zurzeit in mehreren vormals demokratischen Ländern die Gelegenheit das zu beobachten. Eines dieser Länder ist die Türkei. Langsam und sicher wird dort die staatliche Propaganda verstärkt, jede Opposition unterdrückt oder gleich verhaftet und die Pressefreiheit abgeschafft. Dort hineingeraten ist Deniz Yücel – damals Türkei-Korrespondent der „Welt“ – der ein paar Fragen hatte, die dem Regime unangenehm waren. Insgesamt hat er dafür ohne Anklage ein Jahr im türkischen Gefängnis gesessen. In „Agentterrorist“ schreibt er über diese Zeit, wie es zu seiner Verhaftung gekommen ist und wie er, seine Familie und Freunde und deutsche Politiker dafür gekämpft haben, dass er wieder frei kommt. Ich habe im Buch viel über die Situation in der Türkei gelernt und auch mehr Zusammenhänge verstanden. Deniz Yücel liest das Buch selbst, wodurch es noch intensiver wird. Kann ich sehr empfehlen.
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Sengendes Licht, die Sonne und alles andere: Die Geschichte von Joy Division – Jon Savage
{Presseexemplar} Das hier ist eine Oral History der Geschichte von Joy Division. Es ist eine besondere Art zu erzählen, denn der Musikjournalist Jon Savage gibt die Gesichte nicht einfach wieder, sondern lässt die Band und viele Menschen, die sie auf ihrem relativ kurzen Weg begleitet haben, selbst erzählen. Das liest man wunderbar als Ganzes und es wirkt dadurch irgendwie echter. Manchmal widersprechen sich Zeitzeugen auch, wodurch man nur noch stärker die unterschiedlichen Perspektiven wahrnimmt. Ich mochte Joy Division schon immer sehr und wusste natürlich auch, was am Ende passiert, aber hier habe ich ganz neue Seiten erfahren, ohne das es irgendwie reißerisch oder anekdotisch wirkte. Für Fans von Joy Division und guten Musikbiografien ein Muss. Für den Rest aber vielleicht auch gute Unterhaltung.
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Zeitoun – Dave Eggers
Ganz kurz: Dave Eggers kann eigentlich über jedes Thema schreiben und fast immer ist es gut. In diesem Roman, basierend auf einer wahren Geschichte, geht es um Hurrican Katrina, der im Jahr 2005 über den Süden der USA fegte und die Stadt New Orleans zerstörte. Natürlich hat man von hier aus mitbekommen, wie schlimm das war, doch welche Zustände dort wirklich herrschten, blieb wohl den meisten von uns verborgen. Im Buch geht es um Zeitoun. Er ist syrischstämmiger Amerikaner, hat ein kleines Handwerkerunternehmen und lebt mit seiner Familie in New Orleans. Als der Hurricane kommt, bleibt er in der Stadt. Zunächst scheint das die richtige Entscheidung gewesen zu sein: er hilft Nachbarn und kümmert sich um dein Haus. Nach und nach hört er aus zweiter Hand von den unmenschlichen Zuständen in den Rettungsstationen und Auffanglagern und bekommt dann selbst mit, wie unorganisiert der Staat und die Behörden sind. Ich hatte mit einer reinen „Sturmgeschichte“ gerechnet, aber was dann alles noch folgte, hat mich mitgenommen. Es geht um Überforderung, Rassismus, Angst und Polizeigewalt. Gerade jetzt ist das Buch wieder aktueller denn je.
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